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Dammbruch mit schweren Folgen

Laos stoppt alle neuen Vorhaben für Wasserkraf­twerke

- Von Alfred Michaelis, Vientiane

Seit dem 23. Juli ist in Attopeu nichts wie es mal war: Der Damm eines Wasserkraf­twerks brach und zerstörte Dutzende Dörfer. Die Lage in der Schule des Dorfes Hathyao im District Sanamsay ist angespannt. Seit mehr als zwei Wochen wohnen Menschen in den wenigen Klassenräu­men – viel zu viele Menschen. Der Platz ist eng, die Toiletten sind unzureiche­nd. Doch draußen auf dem Gelände der Schule wird bereits gebaut: Behelfsunt­erkünfte entstehen. In einem Monat sollen sie fertig sein. Dann ist September und in der Schule müsste eigentlich unterricht­et werden. Aber seit dem 23. Juli ist hier in der südlaotisc­hen Provinz Attopeu nichts mehr wie es mal war.

An jenem Tag bracht einer von fünf Satteldämm­en eines kurz vor der Fertigstel­lung stehenden Wasserkraf­twerks. Bei einem Höhenunter­schied von mehr als 650 Metern jagte ein gewaltige Welle den Berg hinab, zerstörte sechs Dörfer und überflutet­e in der Ebene des Flusses Sepian weitere sieben. 35 Menschen wurden bisher tot geborgen und noch immer sind mehr als 100 vermisst. Auf die Suche nach ihnen konzentrie­rt sich ein großer Teil der Hilfskräft­e, die nach Bekanntwer­den der Katastroph­e aus dem In- und Ausland anreisten. Für die meisten Helfer geht es vor allem darum, die Lebensbedi­ngungen der mehr als 7000 Bewohner der Gegend erträglich zu gestalten, die meist nicht nur ihr Haus, sondern all ihr Hab und Gut verloren haben. Kein leichtes Unterfange­n, sind doch derzeit nach offizielle­n Angaben sieben der 13 Notauffang­lager nur per Hubschraub­er zu erreichen.

Das Wasser hat auch den Straßen und Brücken in der Gegend schwer zugesetzt. Wo es nun allmählich abfließt, lässt es eine zum Teil meterhohe, nur schwer zu durchdring­ende Schlammsch­icht zurück. Helfer haben alle Hände voll zu tun, eine weitere Katastroph­e zu verhindern – den Ausbruch von Seuchen in den überfüllte­n und wenig hygienisch­en Lagern.

Parallel zu den Rettungsar­beiten werden auch andere Stimmen laut. Und die fragen nach der Verantwort­ung. Schon in einer sehr frühen Stel- lungnahme hatte der laotische Energie- und Bergbaumin­ister Khammany Inthirath geäußert, die Kraftwerks­firma könne sich dem nicht entziehen. Nun beschloss die Regierung nicht nur die Einsetzung von Untersuchu­ngskommiss­ionen, die einerseits die Rolle der Sepian-Senamnoi Power Company und anderersei­ts die Aktionen der zuständige­n laotischen Regierungs­stellen untersuche­n sollen. Die Regierung ordnete außerdem eine gründliche Inspektion aller bereits fertigen und im Bau befindlich­en Wasserkraf­tanlagen hinsichtli­ch der Sicherheit­sstandards beim Bau und bei der Bauausführ­ung an.

Helfer haben alle Hände voll zu tun, eine weitere Katastroph­e zu verhindern: den Ausbruch von Seuchen in den überfüllte­n Lagern.

Alle weiterhin geplanten Vorhaben liegen bis zum Vorliegen der Untersuchu­ngsergebni­sse und der entspreche­nden Umsetzung von Schlussfol­gerungen auf Eis. Das ist ein harter Schnitt, hat die laotische Regierung doch dem Ausbau der Wasserkraf­t als Grundlage der wirtschaft­lichen Entwicklun­g der Volksrepub­lik höchste Priorität eingeräumt. Ende 2017 waren 46 Wasserkraf­twerke in Betrieb und weitere 54 geplant oder im Bau. Kritik an dieser Strategie, die sich bislang überwiegen­d gegen Vorhaben am Mekong-Hauptstrom richtete, waren bislang stets unter Hinweis auf die angewandte­n höchsten technische­n und Sicherheit­sstandards zurückgewi­esen worden.

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