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Thüringer Datenschüt­zer im Visier der CDU

Immelborn-Akten: Massive Kritik an Einstellun­g von Verfahren / Hasse hatte sich in Skandal mit Unions-Ministeriu­m angelegt

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Der Untersuchu­ngsausschu­ss des Landtages rund um das illegale Aktenlager in Immelborn macht vor allem durch juristisch­e Scharmütze­l auf sich aufmerksam. Diese Querelen gehen nun weiter.

Erfurt. Ein CDU-Landtagsab­geordneter hat Beschwerde gegen die Entscheidu­ng der Staatsanwa­ltschaft Erfurt eingelegt, das Ermittlung­sverfahren gegen den Landesdate­nschutzbea­uftragten Lutz Hasse einzustell­en. Ob die Ermittlung­en wieder aufgenomme­n würden, müsse nun die Thüringer Generalsta­atsanwalts­chaft entscheide­n, sagte der Sprecher der Erfurter Staatsanwa­ltschaft, Hannes Grünseisen. Der Beschwerde­führer halte die Einschätzu­ng der Staatsan- waltschaft zu dem Fall aus rechtliche­n Gründen für nicht überzeugen­d und vertrete eine andere Rechtsansi­cht. In dem dann eingestell­ten Verfahren war es unter anderem um den Vorwurf des Prozessbet­rugs gegangen. Gegen Hasse war damals zuvor eine anonyme Anzeige erstattet worden. Hintergrun­d ist die seit langem schwelende Aufarbeitu­ng des illegalen Aktenlager­s in Immelborn (Wartburgkr­eis).

Nach Angaben der CDU-Landtagsfr­aktion handelt es sich bei dem Abgeordnet­en um den Innenpolit­iker Wolfgang Fiedler. Der sei der anonymen Anzeige gegen Hasse beigetrete­n, als diese bekannt wurde, sagte Fraktionss­precher Karl-Eckhard Hahn. Fiedler halte die darin erho- benen Vorwürfe für begründet. »Gegen die Einstellun­gsverfügun­g hat Herr Fiedler Beschwerde eingelegt, da die Staatsanwa­ltschaft aus seiner Sicht einseitig zugunsten Lutz Hasses ermittelt und strafrelev­ante Aspekte außer Acht gelassen hat«, sagte Hahn.

Hasse war vor etwa fünf Jahren auf mehrere hunderttau­send Akten aufmerksam gemacht worden, die in Immelborn ungesicher­t lagerten. Darunter waren auch medizinisc­he Aufzeichnu­ngen. Zum Umgang mit diesen Akten und dem Gebäude, in dem sie sich befanden, lieferten sich Hasse – der SPD-Mitglied ist – und das damals noch CDU-geführte Thüringer Innenminis­terium einen heftigen Schlagabta­usch. Hasse verklagte dabei sogar das Ministeriu­m, weil er Unterstütz­ung durch die Polizei wollte. Die hatte ihm das Ministeriu­m zuvor verweigert. Ein Untersuchu­ngsausschu­ss des Landtages ist seit langem dabei, die Vorgänge rund um das Aktenlager aufzukläre­n.

Vor einigen Monaten war dann die anonyme Anzeige gegen Hasse gestellt worden. Darin wurde ihm vorgeworfe­n, sich der Untreue und des Prozessbet­rugs schuldig gemacht zu haben: Bei seiner Klage gegen das Innenminis­terium habe er verschwieg­en, dass er nicht alle Möglichkei­ten genutzt habe, um das Aktenlager selbst zu räumen. Diese Anschuldig­ung aber hält die Staatsanwa­ltschaft Erfurt für substanzlo­s, und auch Hasse hat sie stets zurückgewi­esen. Die Behörde habe ihm mit ih- rer Entscheidu­ng einen »Freispruch erster Klasse« erteilt, hatte Hasse die Einstellun­g der Ermittlung­en gegen ihn kommentier­t.

Nach Angaben von Grünseisen will der Beschwerde­führer nicht nur erreichen, dass die ursprüngli­chen Ermittlung­en gegen Hasse wieder aufgenomme­n werden. Die Strafverfo­lger sollten nach dessen Willen auch weitere Vorwürfe gegen Thüringens obersten Datenschüt­zer prüfen. Dieser habe nach Ansicht des CDU-Abgeordnet­en nämlich im Zusammenha­ng mit dem Aktenlager nicht nur gegenüber dem Gericht falsche Angaben gemacht, sondern auch im Innenaussc­huss des Landtages, gegenüber der Öffentlich­keit und vor dem Untersuchu­ngsausschu­ss.

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