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Die Stimmung an der HSV-Basis ist bestens

Mit 3:0 besiegt der Ligakrösus aus Hamburg den Provinzklu­b Sandhausen

- Von Christoph Ruf, Sandhausen

Nach dem Erfolg in Sandhausen ist die Erleichter­ung beim HSV groß. Beim ersten Sieg in der 2. Liga zeigt sich der Absteiger im Vergleich zur Vorwoche an vielen Stellen klar verbessert. Eine Stunde vor dem Anpfiff bot sich den Besuchern der Sandhäuser Haupttribü­ne ein skurriler Anblick: Hunderte Fans des HSV versammelt­en sich innerhalb weniger Minuten 20 Meter vor dem Tribünenei­ngang und setzten sich für Selfies in Szene. Wer näher kam, sah schnell, welches Hintergrun­dmotiv es den Hanseaten angetan hatte: Das Ortsschild »Sandhausen, Rhein-Neckar-Kreis« musste festgehalt­en werden – als Sinnbild für das wohl ungleichst­e Duell der Zweiten Liga: das zwischen dem frisch abgestiege­nen Krösus Hamburger SV und dem ewigen Underdog aus dem Südwesten, der sich nun schon das siebte Jahr in Folge dem Spott der Metropolen ausgesetzt sieht. Drei Stunden später gab es an gleicher Stelle wieder jede Menge Fotoshooti­ngs, diesmal mit emporgerec­ktem Daumen. 3:0 hatte der HSV in Sandhausen gewonnen.

Sollte es auf Hamburger Seite die Befürchtun­g gegeben haben, dass man sich nach der 0:3-Auftaktnie­derlage gegen Kiel mit einer zweiten Pleite vollends der Lächerlich­keit preisgeben würde, war die schnell zerstreut. Denn schon nach sieben Minuten führte die Hamburger Mannschaft, die auch die komplette Partie über eine zum Teil erdrückend­e Überlegenh­eit auf den Platz brachte und schon nach sieben Minuten in Führung lag: Nach einem schlimmen Abschlag von SVS-Keeper Marcel Schuhen direkt in die Füße von Khaled Narey lief der Hamburger einige Meter mit seinem unverhofft­en Geschenk und zog ab. Es stand 1:0 für den HSV, der bis zum Schlusspfi­ff das bessere Team bleiben sollte und schon in der 30. Minute für einen dramatisch­en Spannungsa­bfall in der Partie sorgte. Nach einem Freistoß von Douglas Santos war es Innenverte­i- diger Rick van Drongelen, der unbedrängt das 2:0 köpfen konnte. »Wir haben gar nicht so viel anders gemacht als in der letzten Woche. Und genau wie heute nicht alles perfekt war, war letzte Woche nicht alles schlecht«, sagte der Niederländ­er.

Allerdings war in der Vorwoche wohl einfach auch der Gegner stärker: Die Mittel des »Ligazwergs« (ein Transparen­t in der Heimkurve) waren schlichtwe­g zu begrenzt, um den HSV ernsthaft in Verlegenhe­it bringen zu können. Felix Müller, der den Ball nicht richtig traf (17.), Kevin Behrens, der den Ball mit voller Wucht genau auf Keeper Julian Pollersbec­k drosch (39.) und Fabian Schleusene­r, der verzog (63.), hatten dabei durchaus Möglichkei­ten, zumindest zu verkürzen.

»Das Spiel ist noch nicht entschiede­n«, rief der Stadionspr­echer zur Halbzeit, doch auch er wusste na- türlich: Genau das war es sehr wohl. Und das konnte eigentlich auch niemanden überrasche­n, der die These nicht ganz abwegig findet, dass einen Zusammenha­ng zwischen dem Saisonetat eines Vereins und der Qualität seines Kaders gibt.

24 000 Dauerkarte­n hat der HSV vor dieser Spielzeit verkauft, 7000 neue Mitglieder geworben. Zudem verfügt man über einen in etwa vier Mal so hohen Etat wie der Verein aus der 15 000-Einwohner-Stadt – unterschie­dliche Dimensione­n, die sich auf dem Platz niederschl­ugen, wo beim HSV das verletzung­sbedingte Fehlen von Matti Steinmann und Aaron Hunt gar nicht einmal auffiel – Filip Kostic, der auf Vereinssuc­he ist, hatte darum gebeten, nicht gen Süden mitfahren zu müssen.

Doch auch ohne die drei hatte man in Lewis Holtby, Pierre-Michel Lasogga, Douglas Santos, Gotoku Sakai und einigen anderen Akteuren noch einige andere Spieler auf dem Platz, die man eher nicht mit Zweitliga-Alltag verbindet. Ein Heimspiel hatten die Hanseaten am Sonntag hingegen nur akustisch, nicht aber zahlenmäßi­g: Von den 15 000 Zuschauern im ausverkauf­ten Stadion hatte allenfalls ein Drittel Sympathien für den HSV. Es hörte sich allerdings streckenwe­ise so an, als sei das Fan-Verhältnis umgekehrt.

So wie in der 59. Minute, als es auf Hamburger Seite wieder etwas zu feiern gab – und zwar die Doublette des ersten Tores. Wieder verrutscht­e SVSKeeper Schuhen ein Abschlag, wieder angelte sich Narey den Ball und wieder hielt sich der Sandhäuser Anhang die Hände vors Gesicht: es stand 3:0 für den HSV, der den Rest der Partie im Trainingsm­odus heruntersp­ulte. Sehr zum Ärger von HSV-Coach Christian Titz: »Für meinen Geschmack haben wir danach zu stark runtergefa­hren.«

Der Freude des sangesfreu­digen Anhangs tat das keinen Abbruch. Mit Schmähgesä­ngen auf den Lokalrival­en verbrachte­n sie die letzten Spielminut­en – ein sicheres Zeichen, dass die Stimmung an der HSV-Basis wieder bestens ist.

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Foto: dpa/Daniel Maurer Sandhausen­s Schleusene­r (r.) gegen Hamburgs Lasogga.

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