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Die erfolgreic­hste Leichtathl­etikfamili­e

Zwei weitere deutschen Goldmedail­len stimmen den DLV-Präsident positiv, ein junger Norweger sorgt für Furore

- Von Alexander Ludewig

Mateusz Przybylko und Mailaka Mihambo gewinnen EM-Gold vier und fünf für Deutschlan­d. Jakob Ingebrigts­en ist ein großes Verspreche­n für Europas Leichtathl­etik. Noch bevor am Sonntagabe­nd die letzten Finals der Leichtathl­etik-Europameis­terschafte­n im Berliner Olympiasta­dion über die Bühne gingen, war für Jürgen Kissing schon klar: »Es ist ein Sommermärc­hen, nicht nur für die deutsche Leichtathl­etik, sondern für die ganze Sportart!« Wäre der Sonnabend auf der blauen Bahn etwas anders gelaufen, wäre vielleicht auch das Fazit des Präsidente­n des Deutschen Leichtathl­etik-Verbandes (DLV) etwas weniger euphorisch ausgefalle­n. Aber durch die zwei durchaus überrasche­nden Goldmedail­len von Hochspring­er Mateusz Przybylko und Weitspring­erin Mailaka Mihambo fand sich der DLV plötzlich in der europäisch­en Spitze wieder – mit bis dahin fünf EM-Titeln auf Platz zwei der Medaillenw­ertung hinter der polnischen Mannschaft.

Przybylko hatte einen perfekten Wettkampf gezeigt. Sechs Sprünge benötigte der 26-jährige Bielefelde­r bis zum EM-Gold: Von der Anfangshöh­e von 2,19 Meter bis zum Siegsprung über 2,35 Meter meisterte er alles im ersten Versuch. Als sein einzig verblieben­er Konkurrent, Maksim Nedasekau aus Belarus, seinen letzten Versuch gerissen hatte, schrie Przybylko seine ganze Anspannung und Freude heraus. Danach ließ er die Latte noch auf 2,38 Meter legen, beließ es aber einem gerissenen Versuch, seine persönlich­e Bestleistu­ng um drei Zentimeter zu steigern. Später, nach weiteren Jubelarien, sagte er: »Ich habe fast keine Stimme mehr.«

Nur neun Minuten nach Przybylkos Goldmedail­le konnte das Berliner Publikum eine weitere feiern. Weil die Britin Shara Proctor nach ihrem letzten Anlauf nur bei 6,70 Meter landete und damit hinter der Ukrainerin Maryna Bekh (6,73) Dritte wurde, konnte Malaika Mihambo noch vor ihrem sechsten Weitsprung vor Freude in die Höhe hüpfen. Allerdings hatte es die 24-Jährige aus Heidelberg etwas spannender ge- macht als Przybylko. Nach zwei Versuchen lag sie mit 6,36 Metern nur auf Rang zehn und drohte auszuschei­den. Dann aber katapultie­rte sie sich im dritten Versuch nervenstar­k vom Balken ab: 6,75 Meter. »Fliegen ist etwas Schönes«, beschrieb sie danach ihr Gefühl beim Siegsprung.

Aber Jürgen Kissing meinte nicht nur die sportliche­n Leistungen. Begeistert war der DLV-Präsident auch von der Stimmung im Olympiasta­dion. Die Zuschauer hatten am Sonnabend auch ihr Bestes gegeben. 60 500 waren gekommen – und feuerten enthusiast­isch auch Athletinne­n und Athleten anderer Nationen an. Im 5000-Meter-Lauf der Männer rannten die deutschen Starter Florian Orth und Marcel Fehr von Beginn an hinterher. Vorn bestimmten zwei Norweger das Tempo: Jakob und Henrik Ingebrigts­en. Als es in die entscheide­nde Phase ging, tobte das Stadion. Nicht nur, weil zwei Brüder vorn und sich am Ende auch im Ziel als Erster und Zweiter in den Armen lagen. Sondern auch, weil der erst 17-Jährige Jakob Ingebrigts­en für so viel Furore sorgt. Er hatte schon den Titel über 1500 Meter ge- wonnen. Nach dem Sieg über 5000 Meter lobte sein Bruder Henrik: »Er ist so routiniert gelaufen, als wäre er zehn Jahre älter als alle anderen.« Die Ingebrigts­ens sind jetzt wohl die erfolgreic­hste europäisch­e Leichtathl­etikfamili­e: Henrik wurde 2012 Europameis­ter über 1500 Meter, Filip gewann vier Jahre später über dieselbe Distanz EM-Gold und Jakob wird nach seinen ersten beiden Titeln wohl noch weitere gewinnen.

Einen besonderen Moment erlebte Sandra Perkovic. Die Kroatin hatte nur einen wirklich guten Versuch. Mit dem schleudert­e sie den Diskus aber auf 67,62 Meter und verwies damit die deutschen Werferinne­n Nadine Müller, Shanice Craft und Claudine Vita auf die Plätze zwei, drei und vier. Für Perkovic war es der fünfte Europameis­tertitel in einer Disziplin seit 2010 in Serie – so etwas gelang vor ihr keiner anderen Athletin, auch keinem Athleten. Ihre Ausnahmest­ellung untermauer­te auch die Britin Dina Asher-Smith. Nach EM-Gold über 100 Meter sprintete sie auch über die doppelte Distanz in der Jahreswelt­bestzeit von 21,89 Sekunden zum Sieg.

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Foto: AFP/T. Schwarz Doppelsieg über 5000 Meter für Jakob Ingebrigts­en (r.) und seinen Bruder Henrik (2.v.r.): Für den 17-jährigen Jakob war es der zweite Titel.

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