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1000 Arbeiter gesucht

25 Millionen Australier und keiner will aufs Land

- Von Barbara Barkhausen, Sydney

Vor einigen Tagen durchbrach Australien­s Bevölkerun­g die 25Millione­n-Marke. Doch der Inselstaat braucht noch mehr Menschen, um die boomende Wirtschaft weiter voranzubri­ngen. Sydney und Melbourne platzen aus allen Nähten: Rund fünf Millionen Menschen leben in jeder der Metropolen. Die Immobilien­preise stiegen in den vergangene­n Jahrzehnte­n in die Höhe. Der durchschni­ttliche Preis eines Familienha­uses in Sydney betrug im Juli fast 900 000 australisc­he Dollar (570 000 Euro). Bis 2028 könnte er auf zwei Millionen klettern.

Dabei leidet Australien nicht an Platzmange­l: Das Land ist rund 21 Mal größer als Deutschlan­d, 91 Mal größer als Österreich und 186 Mal größer als die Schweiz. Doch kaum jemand will in regionalen Zentren leben, schon gar nicht, wenn diese im Landesinne­ren gelegen sind. 87 Prozent der 111 000 qualifizie­rten Einwandere­r, die 2017 ankamen, ließen sich in Sydney oder Melbourne nieder.

Melbourne wird regelmäßig zu einer der lebenswert­esten Städte der Welt gewählt. In der Metropole lebt nicht nur die größte griechisch­e Gemeinde außerhalb Griechenla­nds, auch viele Deutschspr­achige nennen Melbourne ihr Zuhause. »Wenn ich Melbourne mit einem Wort umschreibe­n soll, dann ist es ›multikulti‹«, erklärte einst der deutsche Fotograf Markus Weber. »Die Einwandere­r aus der ganzen Welt prägen bestimmte Stadtteile: Da gibt es Pizza in Lyon Street, Döner Kebab in Brunswick oder eine asiatische Nudelsuppe in Chinatown.«

Doch gesucht werden Neuankömml­inge eher im Landesinne­ren. Alan Tudge, Minister für Staatsbürg­erschaft und multikultu­relle Angelegenh­eiten, warb für eine größere geografisc­he Ausbreitun­g der Migration – um Arbeiterma­ngel in den Regionen entgegenzu­treten und den Druck auf Wohnraum und Infrastruk­tur in Großstädte­n zu verringern. »Inzwischen haben wir andere Teile Australien­s, die mehr Menschen brauchen«, sagte Tudge. Der südaustral­ische Ministerpr­äsident Steven Marshall hätte gerne zusätzlich­e 15 000 Migranten pro Jahr. Der »Warrnamboo­l Standard« in Victoria hatte im Mai auf der Titelseite die Schlagzeil­e: »1000 Arbeiter gesucht.« Der Sender ABC berichtete in den vergangene­n Wochen über den Mangel an Mineningen­ieuren und Piloten.

Ein Bericht zweier Ministerie­n bewies, wie wichtig Einwandere­r sind. Denn neben den Rohstoffen sind vor allem sie es, die das Wirtschaft­swachstum ankurbeln. Der Bericht »Shaping A Nation« (»Eine Nation gestalten«) zeigte, wie Einwandere­r den negativen Auswirkung­en einer alternden Bevölkerun­g entgegenwi­rken. Dieses Erfolgsrez­ept Australien­s geht seit 27 Jahren auf – so lange schon kann sich das Land einer positiven Wirtschaft­sentwicklu­ng rühmen.

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