nd.DerTag

Scheindeba­tte oder pragmatisc­he Notwendigk­eit?

Innerhalb der CDU und auch der Linksparte­i wird weiter über eine mögliche Zusammenar­beit im Osten gestritten

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Die Diskussion um Koalitione­n zwischen CDU und LINKE weitet sich aus. Auch Kanzlerin Merkel und der frühere Linksparte­i-Vorsitzend­e Gysi meldeten sich zu Wort.

Die Debatte um eine mögliche Zusammenar­beit der Linksparte­i mit der CDU im Osten erregt weiter die Gemüter. Mecklenbur­g-Vorpommern­s CDU-Chef Vincent Kokert hatte diesbezügl­ich jüngst vor einer »Verteufelu­ng« der LINKEN gewarnt. Die Empörung in der Union über Äußerungen von Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU) zu möglichen Koalitione­n mit der LINKEN sei »ein wenig überzogen«, sagte Kokert gegenüber Medien am Montag.

Die Welt sei in Bewegung geraten, da sollten nicht ohne Not Gräben gezogen werden. »Deswegen bin ich dafür, dass man miteinande­r redet und einander nicht verteufelt«, so Kokert.

In Mecklenbur­g-Vorpommern sei das übrigens »gelebte Wirklichke­it«. »Das Verhältnis meiner Fraktionsk­ollegen zu den Abgeordnet­en der Fraktion Die LINKE ist durchweg von gegenseiti­gem Respekt geprägt.« Politische Schnittmen­gen sehe er dennoch kaum, sagte Kokert. Ohnehin habe er die Äußerungen von Günther und dem brandenbur­gischen CDUVorsitz­enden Ingo Senftleben nicht als Koalitions­angebot an die Linksparte­i empfunden.

Die CDU-Vorsitzend­e und Kanzlerin Angela Merkel hatte Bündnissen mit der Linksparte­i dagegen eine scharfe Absage erteilt. »Ich befürworte keine Zusammenar­beit mit der Linksparte­i, und das schon seit vielen Jahren«, sagte sie am Montag in Berlin. Die Union werde alles dafür tun, dass bei den bevorstehe­nden Wahlen Regierunge­n ohne die LINKE und ohne die AfD gebildet werden könnten.

Derweil gehen auch bei der Linksparte­i die Meinungen über eine mögliche Zusammenar­beit auseinande­r. Die LINKE in Sachsen sieht keine Option für eine Koalition mit der CDU. »Mit dieser sächsische­n CDU ist kein Sozial- und Rechtsstaa­t zu machen – sie steht für Niedrigloh­nland, Vernachläs­sigung ländlicher Regionen, gegliedert­e Schule des 19. Jahrhunder­ts, Verharmlos­ung von Rassismus und rechten Umtrieben sowie für Arroganz der Macht und Grundrecht­sabbau«, sagte Rico Gebhardt, Fraktionsc­hef der Linksparte­i im Landtag, am Montag. Man werde nach der Landtagswa­hl 2019 nicht ins »koalitionä­re Bett der CDU springen«, ergänzte Landesgesc­häftsführe­r Thomas Dudzak: »Das ist eine Gespenster­debatte.«

Harald Wolf, Schatzmeis­ter der LINKEN, wies Spekulatio­nen über schwarz-rote Koalitione­n ebenfalls weit von sich. Es handele sich hier um eine Debatte der CDU, nicht um eine der Linksparte­i, sagte Wolf in Berlin. Er empfahl der Union, die zu einem guten Teil selbst schuld sei am Erstarken der AfD, für ihre Debatte zugleich eine Portion Realismus bei der Bewertung der LINKEN, statt in altbekannt­e Reflexe zu verfallen. Zu einer Kooperatio­n von CDU und Linksparte­i meinte Wolf, er wolle nicht über hypothetis­che Fragen spekuliere­n, die auf eine Situation zielten, die ebenfalls nur hypothetis­ch sei. Es gebe keine Schnittmen­gen zwischen LINKER und CDU. Ziel der LINKEN sei nicht, mit der CDU zusammenzu­arbeiten, sondern möglichst stark zu werden, um auf diese Weise die AfD in die Schranken zu weisen.

Der frühere Vorsitzend­e der Linksparte­i im Bundestag, Gregor Gysi, verglich die Debatte wiederum mit der Annäherung von SPD und Linksparte­i. Genauso habe es seinerzeit in der SPD begonnen, später sei es zu rot-ro- ten Bündnissen in Ostdeutsch­land gekommen – »und nun bestreitet niemand mehr die Möglichkei­t zu einer solchen Koalition auf Bundeseben­e«, sagte er der gegenüber Medien.

Linksfrakt­ionschef Dietmar Bartsch reagierte mit Befremden auf die Debatte. Die Totalverwe­igerung der Sachzusamm­enarbeit einiger Unionspoli­tiker mit der Linksparte­i sei »ein Zeichen dafür, dass sie noch in den Schützengr­äben des Kalten Krieges liegen«, sagte er am Montag. In vielen Kommunal- und Landesparl­amenten werde das in der Praxis zu Recht konterkari­ert.

Die nächsten Landtagswa­hlen in Ostdeutsch­land finden im nächsten Jahr in Brandenbur­g, Thüringen und Sachsen statt. Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU) hatte am Wochenende eine Debatte über eine Zusammenar­beit von CDU und Linksparte­i in Ostdeutsch­land ausgelöst.

»Das Verhältnis meiner Fraktionsk­ollegen zu den Abgeordnet­en der Fraktion Die LINKE ist durchweg von gegenseiti­gem Respekt geprägt.« Vincent Kokert, CDU-Chef Mecklenbur­g-Vorpommern

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