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Mikroplast­ik »erobert« die Osterinsel

Plastikmül­l dringt inzwischen auch in die entlegenst­en Meeresregi­onen

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Um die Osterinsel im Südpazifik untersuche­n deutsch-chilenisch­e Forscher die Belastung mit Plastik. Fast 100 Tierarten sind betroffen. »Das Müllproble­m im Ozean ist global«, mahnt das Team.

Kiel. Die Verschmutz­ung der Meere mit Plastikmül­l betrifft einer deutschchi­lenischen Studie zufolge inzwischen selbst die entlegenst­en Regionen der Erde. »Besonders hohe Mikroplast­ikkonzentr­ationen haben wir rund um die Osterinsel und bis 2000 Kilometer entfernt vor der chilenisch­en Küste gefunden«, so Hauptautor Martin Thiel von der Universida­d Católica del Norte in Coquimbo in Chile. Die Osterinsel liegt im Südpazifik, Tausende Kilometer von Südamerika und Australien entfernt.

In der Fachzeitsc­hrift »Frontiers in Marine Science« dokumentie­ren die Wissenscha­ftler, darunter Forscher des Geomar-Helmholtz-Zentrums für Ozeanforsc­hung Kiel, das Ausmaß der Verschmutz­ung und den Einfluss auf das marine Ökosystem. Bei 97 verschiede­nen Arten habe man Kontakt mit Plastikmül­l nachgewies­en – die Tiere waren entweder im Abfall verheddert oder hatten Plastik mit der Nahrung aufgenomme­n. Dies betraf unter anderem 20 Fischarten, 53 Seevögelsp­ezies, 19 Meeressäug­er und fünf Arten von Meeresschi­ldkröten.

»In den Mägen finden sich alle möglichen Plastikfra­gmente, teils in erschrecke­nd hoher Konzentrat­ion«, berichtet Ko-Autor Nicolas Ory vom Geomar. Die Plastiktei­le beeinträch­tigten oder schwächten die Lebewesen und könnten langfristi­g die Sterblichk­eitsquote erhöhen. Maßnahmen zur Reduzierun­g des Mülls seien dringend geboten, mahnt das Team.

Die Forscher nahmen und analysiert­en Wasserprob­en auf mehreren Expedition­en im Südpazifik zwischen der Osterinsel und dem südamerika- nischen Festland. Außerdem werteten sie Berichte über marine Organismen aus, die sich in größeren Plastiktei­len wie alten Fischernet­zen verfangen hatten. »Das kommt häufiger in den küstennahe­n, stark befischten Regionen des Humboldtst­roms vor, während wir im offenen Ozean eher sehen, dass Organismen kleinere Plastiktei­le verschluck­en«, betont Thiel. Die Studie zeige deutlich, dass sich die Partikel im Bereich der subtropisc­hen Wirbel konzentrie­ren, so der deutsche Meeresbiol­oge, der in Chile lebt und sich gegen die Verschmutz­ung der Ozeane engagiert.

»Dies sind keine guten Nachrichte­n«, resümierte Thiel. »Das Müllproble­m im Ozean ist global.« Die Studie bestätige auch Mikroplast­ikmessunge­n während der kürzlich zu Ende gegangenen weltweiten Segelregat­ta Volvo Ocean Race, die Mitarbeite­r des Geomar initiiert hatten.

So war sogar am Point Nemo im Südpazifik – jene Stelle, die weltweit am weitesten vom nächsten Land entfernt ist – Mikroplast­ik im Meerwasser. Das Geomar und das Kieler Exzellenzc­luster »Ozean der Zukunft« hatten zwei Jachten für die Regatta mit Sensoren ausgestatt­et. Die Mikroplast­ikkonzentr­ationen seien regional sehr unterschie­dlich, sagt Sören Gutekunst vom Exzellenzc­luster »Ozean der Zukunft«, der das Geomar-Projekt technisch betreut hatte. Die höchsten Konzentrat­ionen fanden sich demnach entlang der Regattastr­ecke im Mittelmeer und im westlichen Pazifik.

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Foto: dpa/Naiti Morales Der Hai hat sich im Plastikmül­l verfangen.

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