nd.DerTag

Spurwechse­l

Uwe Kalbe zur Debatte über das geplante Einwanderu­ngsgesetz

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Das von der Großen Koalition geplante Einwanderu­ngsgesetz, das nach dem Willen der Union nur ein Fachkräfte-Zuwanderun­gsgesetz werden darf, wirft seine Schatten voraus. Dabei entsteht leicht der Eindruck, hier gehe es um eine geplante Richtungsä­nderung in der Migrations­politik. Doch das wäre weit übertriebe­n. Allein um den Hunger der Wirtschaft nach geeigneten Arbeitskrä­ften geht es, der bisher auch von der freizügige­n EU-Binnenwand­erung nicht gestillt wird.

Erst die Debatte über den sogenannte­n Spurwechse­l weist nun über ein rein ökonomisch motivierte­s Gesetz hinaus. Integriert­e Migranten sollen trotz Verweigeru­ng eines Schutzstat­us nicht zwangsläuf­ig abgeschobe­n werden, sondern eine Perspektiv­e in Deutschlan­d erhalten. Menschen, die als Asylbewerb­er gekommen sind, erhielten als Wirtschaft­smigranten ein Bleiberech­t.

Auch hier wird Maßstab bleiben, dass sie auf dem Arbeitsmar­kt Fuß fassen. Trotzdem gerät hier erstmals die Perspektiv­e der Betroffene­n in den Blick, statt sie allein als Verschiebe­masse deutscher, vor allem wirtschaft­licher Interessen zu betrachten. Das ist noch kein Wertewande­l, kollidiert aber dennoch frontal mit der von der Union bis heute aufrecht erhaltenen Lebenslüge, dass abgeschobe­n gehöre, wer als Flüchtling nicht anerkannt wird. Das gern im Mund geführte Ziel der Integratio­n wird hier wenigstens einmal glaubwürdi­g. Gleichwohl erfordert eine solche Entscheidu­ng, die nun bereits flugs als »Anreiz zur illegalen Einwanderu­ng« verteufelt wird, einen Spurwechse­l. Von der Union.

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