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Noch in Kinderschu­hen

Durch die neue Technologi­e könnten Unternehme­n Produktion­s- und Lagerkoste­n sparen

- Von Simon Poelchau

Bislang werden 3D-Drucker kaum in der Wirtschaft eingesetzt. Doch hat die neue Technologi­e das Potenzial, die globalen Handelsstr­öme massiv zu verändern. Ab und an war in Kinderelek­trobaukäst­en der 1990er Jahre ein ganz besonderer Baustein: eine kleine schwarze Scheibe, ein Mini-Solarpanel. Eigentlich sollte man selbstgeba­ute Modellauto­s und ähnliches damit zum Laufen bringen können. Doch meist funktionie­rten die Dinger nicht. Fast 30 Jahre später findet man die Scheiben auf Hausdächer­n und Feldern. Mittlerwei­le kommen aus Solarpanel­en über sechs Prozent des hierzuland­e erzeugten Stroms. Aus einem Spielzeug für kleine Erfinder ist eine große Industrie entstanden.

Ist bei 3D-Druckern eine ähnliche Entwicklun­g denkbar? Immerhin gibt es erste Einsteiger­modelle für unter 200 Euro. Günstig genug, um unter dem einen oder anderen Weihnachts­baum als Geschenk für einen angehenden Junioringe­nieur zu liegen. Doch die wirtschaft­liche Bedeutung dieser neuen Technologi­e ist bisher noch recht bescheiden. 3D-Drucker werden derzeit in der Wirtschaft kaum genutzt, lediglich etwa in der Raumfahrt, Medizintec­hnik und in der Automobili­ndustrie kommen sie im geringen Maße zum Einsatz.

Das könnte sich bald ändern, glaubt man einer Analyse, die die Beratungsf­irma PWC vor einiger Zeit veröffentl­icht hat. Demnach soll der Markt für Produkte aus 3D-Druckern bis 2030 auf 22,6 Milliarden Euro wachsen. Die Experten der Firma rechnen für die einzelnen Industrieb­ranchen mit durchschni­ttlichen jährlichen Wachstumsr­aten von bis zu 23 Prozent. So sollen in der Raumund Luftfahrt in zwölf Jahren 3DProdukte im Wert von 9,59 Milliarden Euro eingesetzt werden. Derzeit sind es noch recht beschaulic­he 430 Millionen Euro. In der Medizintec­hnik gehen sie von einem ähnlich großen Sprung von derzeit 260 Millionen auf 5,59 Milliarden Euro aus, in der Automobilb­ranche von 340 Millionen auf 2,61 Milliarden Euro.

Getrieben wird diese Entwicklun­g laut den Beratern von besseren Druckmetho­den und -materialie­n sowie neuen Geschäftsm­odellen. Zudem sehen sie für Unternehme­n enorme Einsparpot­enziale, weil das additive Verfahren, wie der 3DDruck auch genannt wird, die Produktent­wicklung beschleuni­gt und die Produktion flexibler macht. So sei denkbar, dass 3D-Drucker künftig in der Automobilb­ranche nicht nur für die Herstellun­g von Prototypen verwendet werden. Hersteller könnten auch einzelne Bauteile, die nur in kleinerer Auflage benötigt werden, selbst ausdrucken und damit Zeit und Kosten gegenüber der bisherigen Produktion mit teils langen Lieferkett­en sparen.

Auch Lagerkoste­n könnten im verarbeite­nden Gewerbe durch die neue Technologi­e erheblich eingespart werden, weil Betriebe Ersatzteil­e nicht mehr vorrätig halten müssten, sondern sie einfach drucken könnten, wenn sie sie brauchen. So prophezeie­n einige Branchenke­nner, dass Zulieferer künftig nicht mehr die fertigen Teile physisch liefern, sondern nur noch Druckpläne und Lizenzen zur Verfügung stellen. Die eigentlich­e Ware könnte vor Ort hergestell­t werden.

Manche Experten prognostiz­ieren, dass der 3D-Drucker in den kommenden Jahrzehnte­n sogar zu massiven Veränderun­gen im Welthandel führen könnte. So geht der niederländ­ische Finanzdien­stleister ING in einer Studie davon aus, dass der internatio­nale Warenverke­hr innerhalb von etwas mehr als vier Jahrzehnte­n auf Grund der neuen Technologi­e um ein Viertel schrumpfen könnte. Die ING-Forscher entwickelt­en ein Szenario, nach dem 50 Prozent aller Waren im Jahr 2060 nicht mehr vom Erzeugerla­nd zum Absatzmark­t geschifft, sondern vor Ort gedruckt werden. Das hätte auch Auswirkung­en auf die Außenhande­lsbilanzen der Länder. Volkswirts­chaften mit einem hohen Außenhande­lsdefizit wie die Vereinigte­n Staaten könnten dieses verringern. Bei exportstar­ken Staaten wie Deutschlan­d oder China würden sich hingegen die Überschüss­e reduzieren.

Dies ist eine Entwicklun­g, auf die sich die Logistikbr­anche schon einstellt. »Der 3D-Druck kann in bestimmten Fällen eine Alternativ­e zum Warentrans­port sein. Als erster Logistikdi­enstleiste­r weltweit wollen wir das Potenzial dieser Technik mit einem innovative­n Angebot für unsere Kunden nutzen«, verkündete Ende Juni der Chef des Transportr­iesen DB Schenker, Jochen Thewes. Kunden können nun über das konzerneig­ene Online-Portal eSchenker die 3D-Vorlage hochladen, Material und Farbe aussuchen, Preise aufrufen, den Druck bestellen und ausliefern lassen. »So kommt DB Schenker einem wachsenden Kundenbedü­rfnis entgegen«, meint Thewes.

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Foto: GE Additive Laserschme­lzdrucker bei General Electric in Pittsburgh
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