Noch in Kinderschuhen
Durch die neue Technologie könnten Unternehmen Produktions- und Lagerkosten sparen
Bislang werden 3D-Drucker kaum in der Wirtschaft eingesetzt. Doch hat die neue Technologie das Potenzial, die globalen Handelsströme massiv zu verändern. Ab und an war in Kinderelektrobaukästen der 1990er Jahre ein ganz besonderer Baustein: eine kleine schwarze Scheibe, ein Mini-Solarpanel. Eigentlich sollte man selbstgebaute Modellautos und ähnliches damit zum Laufen bringen können. Doch meist funktionierten die Dinger nicht. Fast 30 Jahre später findet man die Scheiben auf Hausdächern und Feldern. Mittlerweile kommen aus Solarpanelen über sechs Prozent des hierzulande erzeugten Stroms. Aus einem Spielzeug für kleine Erfinder ist eine große Industrie entstanden.
Ist bei 3D-Druckern eine ähnliche Entwicklung denkbar? Immerhin gibt es erste Einsteigermodelle für unter 200 Euro. Günstig genug, um unter dem einen oder anderen Weihnachtsbaum als Geschenk für einen angehenden Junioringenieur zu liegen. Doch die wirtschaftliche Bedeutung dieser neuen Technologie ist bisher noch recht bescheiden. 3D-Drucker werden derzeit in der Wirtschaft kaum genutzt, lediglich etwa in der Raumfahrt, Medizintechnik und in der Automobilindustrie kommen sie im geringen Maße zum Einsatz.
Das könnte sich bald ändern, glaubt man einer Analyse, die die Beratungsfirma PWC vor einiger Zeit veröffentlicht hat. Demnach soll der Markt für Produkte aus 3D-Druckern bis 2030 auf 22,6 Milliarden Euro wachsen. Die Experten der Firma rechnen für die einzelnen Industriebranchen mit durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten von bis zu 23 Prozent. So sollen in der Raumund Luftfahrt in zwölf Jahren 3DProdukte im Wert von 9,59 Milliarden Euro eingesetzt werden. Derzeit sind es noch recht beschauliche 430 Millionen Euro. In der Medizintechnik gehen sie von einem ähnlich großen Sprung von derzeit 260 Millionen auf 5,59 Milliarden Euro aus, in der Automobilbranche von 340 Millionen auf 2,61 Milliarden Euro.
Getrieben wird diese Entwicklung laut den Beratern von besseren Druckmethoden und -materialien sowie neuen Geschäftsmodellen. Zudem sehen sie für Unternehmen enorme Einsparpotenziale, weil das additive Verfahren, wie der 3DDruck auch genannt wird, die Produktentwicklung beschleunigt und die Produktion flexibler macht. So sei denkbar, dass 3D-Drucker künftig in der Automobilbranche nicht nur für die Herstellung von Prototypen verwendet werden. Hersteller könnten auch einzelne Bauteile, die nur in kleinerer Auflage benötigt werden, selbst ausdrucken und damit Zeit und Kosten gegenüber der bisherigen Produktion mit teils langen Lieferketten sparen.
Auch Lagerkosten könnten im verarbeitenden Gewerbe durch die neue Technologie erheblich eingespart werden, weil Betriebe Ersatzteile nicht mehr vorrätig halten müssten, sondern sie einfach drucken könnten, wenn sie sie brauchen. So prophezeien einige Branchenkenner, dass Zulieferer künftig nicht mehr die fertigen Teile physisch liefern, sondern nur noch Druckpläne und Lizenzen zur Verfügung stellen. Die eigentliche Ware könnte vor Ort hergestellt werden.
Manche Experten prognostizieren, dass der 3D-Drucker in den kommenden Jahrzehnten sogar zu massiven Veränderungen im Welthandel führen könnte. So geht der niederländische Finanzdienstleister ING in einer Studie davon aus, dass der internationale Warenverkehr innerhalb von etwas mehr als vier Jahrzehnten auf Grund der neuen Technologie um ein Viertel schrumpfen könnte. Die ING-Forscher entwickelten ein Szenario, nach dem 50 Prozent aller Waren im Jahr 2060 nicht mehr vom Erzeugerland zum Absatzmarkt geschifft, sondern vor Ort gedruckt werden. Das hätte auch Auswirkungen auf die Außenhandelsbilanzen der Länder. Volkswirtschaften mit einem hohen Außenhandelsdefizit wie die Vereinigten Staaten könnten dieses verringern. Bei exportstarken Staaten wie Deutschland oder China würden sich hingegen die Überschüsse reduzieren.
Dies ist eine Entwicklung, auf die sich die Logistikbranche schon einstellt. »Der 3D-Druck kann in bestimmten Fällen eine Alternative zum Warentransport sein. Als erster Logistikdienstleister weltweit wollen wir das Potenzial dieser Technik mit einem innovativen Angebot für unsere Kunden nutzen«, verkündete Ende Juni der Chef des Transportriesen DB Schenker, Jochen Thewes. Kunden können nun über das konzerneigene Online-Portal eSchenker die 3D-Vorlage hochladen, Material und Farbe aussuchen, Preise aufrufen, den Druck bestellen und ausliefern lassen. »So kommt DB Schenker einem wachsenden Kundenbedürfnis entgegen«, meint Thewes.