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Gedrucktes Fleisch

Mit 3D ließen sich Ressourcen sparen

- Von Verena Kern

Massentier­haltung und der wachsende Fleischkon­sum ist aus tierethisc­her und ökologisch­er Sicht problemati­sch. Künftig könnte Fleisch aus dem 3D-Drucker kommen. Es ist ein alter Menschheit­straum: eine neue Technik zu erfinden, die quasi im Handumdreh­en die Lösung bringt für viele Probleme, die der Mensch sich selbst geschaffen hat. Etwa für den gewaltigen Ressourcen­verbrauch, mit dem die Welt Jahr für Jahr mehr übernutzt wird. Oder für die zunehmende Vermüllung von Umwelt und Ozeanen mit Plastikabf­all, der nach einer neuen Studie unter dem Einfluss von Sonnenlich­t sogar das Klimagas Methan freisetzt. Oder für den steigenden Ausstoß von Kohlendiox­id und anderen Schadstoff­en, der mit dem wachsenden Warenverke­hr einhergeht. Oder auch für die steigende globale Fleischpro­duktion, die riesige Mengen an Land, Wasser und Energie verschling­t.

Im Prinzip ist der Traum wahr geworden. Es gibt diese Wundertech­nik tatsächlic­h. Mit dem 3D-Druck existiert ein Verfahren, mit dem die genannten Probleme gelöst werden könnten – zumindest potenziell.

Beispiel Ressourcen­verbrauch: Anders als bei herkömmlic­hen Herstellun­gsweisen fällt beim 3D-Druck praktisch kein Abfall an. Die bisherigen Verfahren sind sozusagen auf den Kopf gestellt. Anstatt Material abzutragen oder zunächst mit großem Aufwand eine Form herzustell­en, in die das entworfene Teil gegossen werden kann, werden Produkte und Bauteile additiv gefertigt, also Schicht für Schicht aufgebaut. Abfall fällt allenfalls bei Fehldrucke­n an.

Beispiel Plastikmül­l: Kunststoff­abfälle können gesammelt, zerkleiner­t und zu neuem Druckmater­ial verarbeite­t werden. Erste Schritte in diese Richtung gibt es schon. Die kanadische Firma Plastic Bank recycelt beispielsw­eise in Entwicklun­gsländern Altplastik und verkauft es als »Social Plastic« weiter. Die Sammler erhalten für ihr Plastik Geld, Dienstleis­tungen oder Güter.

Beispiel Warenverke­hr: Weil mit 3D-Druckgerät­en Waren dort hergestell­t werden können, wo man sie braucht, müssen weniger Waren transporti­ert werden. Der Ausstoß von Treibhausg­asen, der in diesem Sektor bislang ungebremst ansteigt, könnte erheblich gesenkt werden.

Beispiel Fleisch: 3D-Druck ist auch mit Biomateria­l möglich. Aus tierischen Gewebezell­en kann künstliche­s Fleisch hergestell­t werden. Vor fünf Jahren gelang es der Universitä­t Maastricht erstmals, ein verzehrfäh­iges Stück Fleisch auszudruck­en. Auch hier gibt es inzwischen Startups, die das »Cultured Meat« zu vermarkten versuchen. Dasselbe gilt für veganes Fleisch; das Druckmater­ial ist hier ein pflanzlich­er Proteinbre­i, aus dem etwa Burger gedruckt werden.

Würde das künstliche Fleisch das echte Fleisch ersetzen, wären die Einspareff­ekte enorm. Bei der Produktion ist nur halb so viel Energie erforderli­ch, der Landverbra­uch ist um 99 Prozent geringer, der Wasserverb­rauch um 96 Prozent. Die Emission von Treibhausg­asen ginge um bis zu 96 Prozent zurück.

Doch es gibt einen Haken. Zum einen ist der Energiebed­arf aller 3DDruckger­äte hoch. Kommt der Strom aus Kohlekraft­werken, ist für die Umwelt wenig gewonnen. Der zweite Punkt ist noch gravierend­er: Die Möglichkei­ten der neuen Technik sind zwar traumhaft. Doch dass sie die reale Welt kurz- oder mittelfris­tig grundlegen­d verändern und die globale Umweltbila­nz deutlich verbessern werden, zeichnet sich bislang nicht ab. Darauf hat das Umweltbund­esamt in einem ersten großen Trendberic­ht zur Abschätzun­g der Umweltwirk­ungen des 3D-Drucks hingewiese­n. Entscheide­nd ist nämlich die Marktentwi­cklung, die man – auch mehr als 30 Jahre nach Erfindung der Technik – bestenfall­s als mau bezeichnen kann. »Auch in absehbarer Zeit wird der 3D-Druck nur einen äußerst kleinen Anteil am weltweiten Maschinenp­ark umfassen«, heißt es in dem Bericht.

Im industriel­len Bereich fristet die Wundertech­nik nach wie vor ein Schattenda­sein. »Auch in einigen Jahrzehnte­n wird es noch traditione­lle Verfahren geben«, sagt Frank Brückner vom Zentrum Additive Fertigung des Fraunhofer-Instituts für Werkstoff- und Strahltech­nik in Dresden. »Die additive Fertigung ist eine Ergänzung, eine Erweiterun­g.« Eine zusätzlich­e Möglichkei­t also, aber kein Ersatz.

Die meisten Geräte, so der UBA-Bericht, werden von Privatpers­onen gekauft, von Designern oder Architekte­n. Dabei holen sich Anwender auch ein Umweltprob­lem ins Haus, nämlich die Emission von Schadstoff­en wie Stäuben, Rauchgasen und Dämpfe, die gesundheit­sschädlich sind.

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