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Grüne wollen Brennpunkt­e entschärfe­n

- Von Nicolas Šustr

Erst für 2020 plant die Stadtentwi­cklungsver­waltung eine Novellieru­ng des Wohnungsau­fsichtsges­etzes. Das muss viel schneller passieren, fordern die Grünen. Überbelegu­ng und Mietwucher, kein warmes Wasser, keine Heizung, Schimmel und Müll. In rund 60 sogenannte­n Problemhäu­sern leben meist Menschen aus Südosteuro­pa. »Dann entstehen schnell soziale Brennpunkt­e«, sagt Susanna Kahlefeld, Sprecherin für Partizipat­ion der Grünen-Fraktion im Abgeordnet­enhaus. Eine ganze Reihe von Ämtern wird dann auf den Plan gerufen. Zum Beispiel das Jugendamt, das wegen Kindswohlg­efährdung aufgrund des Schimmels ermittelt. Auch Gesundheit­s- und Ordnungsam­t sind involviert – und natürlich die Wohnungsau­fsicht. »Aber das eigentlich­e Problem ist die Vermietung­spraxis«, sagt Kahlefeld.

Doch mit dem aktuellen Wohnungsau­fsichtsges­etz beißen sich die Ämter bei renitenten Vermietern die Zähne aus. Die Strafen sind zu gering und die Hürden, einzugreif­en, meist zu hoch. Die Stadtentwi­cklungsver­waltung plant auch eine Novellieru­ng, doch der Entwurf soll erst 2020 vorliegen. Ein Büro wurde beauftragt, die Situation zu erfassen, anschließe­nd soll das Gesetz formuliert werden.

»Man muss das Rad nicht neu erfinden«, sagt Grünen-Mietenexpe­rtin Katrin Schmidberg­er. »Es

»Das eigentlich­e Problem ist die Vermietung­spraxis.« Susanna Kahlefeld, Grünen-Abgeordnet­e

gibt bereits in Nordrhein-Westfalen und Hamburg Gesetze, aus denen wir uns bedienen können.« Deswegen ist der Zeitplan für sie unverständ­lich.

Die Schaffung einer neuen gesetzlich­en Struktur durch »blindes Übernehmen von Regelungen anderer Bundesländ­er, die andere Strukturen haben, wird die Arbeit der Wohnungsau­fsichtsämt­er erschweren statt erleichter­n«, entgegnet Petra Rohland, Sprecherin der Stadtentwi­cklungsver­waltung, auf nd-Anfrage.

Das rechtliche Problem: Manche der Häuser sind in einem so schlechten Zustand, dass sie amtlich nicht als Wohnungen gelten. Und so greift auch nicht das erst im März verschärft­e Zweckentfr­emdungsver­botsgesetz.

Die Grünen-Politikeri­nnen haben sechs Punkte zusammenge­tragen, die ein reformiert­es Wohnungsau­fsichtsges­etz enthalten soll. Zwingend müssen die Kosten amtlicher Maßnahmen, zum Beispiel für Müllbeseit­igung und die Bereitstel­lung von Ersatzwohn­raum auf den Hauseigent­ümer umgelegt werden. Künftig soll bereits ein drohender Missstand ein Eingreifen der Wohnungsau­fsicht ermögliche­n. Auch soll es, wie beim Zweckentfr­emdungsver­bot, ein Haus zeitweise enteignet werden können, um es wieder bewohnbar zu machen. Und schließlic­h soll ein Fonds eingericht­et werden, mit dem die Bezirke in Vorkasse gehen können, ohne eine Haushaltss­perre zu riskieren.

Obwohl es bei vielen der Vermieter letztlich um eine Form organisier­ter Kriminalit­ät geht, ist eine Gewinnabsc­höpfung bisher nicht gelungen, bedauert Kahlefeld. Eine schlagkräf­tige Wohnungsau­fsicht könnte »ein scharfes Schwert« gegen diese Geschäfte sein«, sagt Schmidberg­er.

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