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Das Vergehen Korruption gibt’s bei der FIFA nicht mehr

Im neuen Ethikcode ist Korruption nicht mehr als strafbare Handlung genannt: Die Empörung ist groß

- Von Florian Lütticke, Zürich dpa

Dass Korruption unter den neuen Normverstö­ßen gestrichen ist, sorgt für Wirbel. Das Vergehen werde weiter geahndet, beschwicht­igt der Fußball-Weltverban­d. Doch es bleiben Fragen. Bestechung, Veruntreuu­ng, Spielmanip­ulation, Urkundenfä­lschung – auf 58 Seiten listet die FIFA in ihrem überarbeit­eten Ethik-Code Vergehen in der Welt des Fußballs auf. Korruption findet sich als expliziter Begriff nicht mehr in dem Dokument, das seit Sonntag den Strafrahme­n für alle Verstöße festlegt.

»Die FIFA hat die Korruption offiziell ausgerotte­t. Alles, was es dazu brauchte, war nur, den Löschknopf zu drücken«, spottet die Nachrichte­nagentur AP deshalb. Der FußballWel­tverband verteidigt seine Änderungen daraufhin. Doch wie ist es 15 Monate nach der auf Geheiß von FIFA-Präsident Gianni Infantino betriebene­n Ablösung der Ethikhüter mit dem deutschen Richter Hans-Joachim Eckert um den Kampf gegen Vorteilsna­hme wirklich bestellt?

Der Wegfall des Worts Korruption habe »keinen maßgeblich­en Einfluss auf die tatsächlic­hen Verstöße, die verfolgt werden«, beschwicht­igte die FIFA in einer längeren Stellungna­hme auf ihrer Internetse­ite. »Das gleiche Verhalten, das unter dem früheren Code strafbar war, ist es auch immer noch unter dem neuen.«

Der neue Ethikcode war am 10. Juni vom Council verabschie­det worden und ist am vergangene­n Sonntag in Kraft getreten. Für Bestechung, die zuvor mit Korruption in einem Paragrafen zusammenge­fasst war, wird neuerdings eine Mindestspe­rre von fünf Jahren und eine Geldstrafe in Höhe von mindestens 100 000 Schweizer Franken festgesetz­t.

Allerdings gibt es für die Vergehen »Bestechung, Veruntreuu­ng von Geldern und Manipulati­on von Fußballspe­rren« nun auch eine Verjährung­sfrist. Demnach können diese Verstöße nach zehn Jahren, beziehungs­weise 15 Jahren, wenn bereits eine Untersuchu­ng eröffnet wurde, nicht mehr verfolgt werden. Zuvor war die Bestrafung von Bestechung und Korruption ohne jede Frist möglich. Über diesen Plan hatte die »Welt« schon in der Vergangenh­eit berichtet.

Stattdesse­n führt die FIFA ein neues strafbares Vergehen in ihren Ethikcode ein: Verleumdun­g. Damit seien »falsche Informatio­nen« gemeint, die rufschädig­end sind, erläuterte der Weltverban­d. Schon kurz nach dem Ende der Amtszeit von Eckert und dem Schweizer Chef-Ermittler Cornel Borbely hatte Infantino bei einer Ansprache vor dem Kongress »viele Fake News und alternativ­e Fakten« beklagt – ohne auf Nachfrage jedoch konkret zu werden.

Die Ethikkommi­ssion habe es als notwendig erachtet, einen solchen Paragrafen gegen Verleumdun­g aufzunehme­n, heißt es. Und gerade diese neue Spitze wird von Experten kritisch gesehen. Der Münchner Jurist Eckert hatte das derzeitige Gremium bei der WM in Russland als »weniger als ein Feigenblat­t« bezeichnet. Die neue Chefin der ermittelnd­en Ethikkamme­r, Maria Claudia Rojas aus Kolumbien, spreche »weder Englisch noch Französisc­h, sie sitzt in Südamerika und hat verschwieg­en, dass sie mit dem ehemaligen Verbandspr­äsidenten Kolumbiens, Luis Bedoya, gut bekannt ist«, sagte Eckert dem »Handelsbla­tt«. »Den habe ich wegen Korruption lebenslang gesperrt.« Und in einem Bericht kritisiert­en auch Abgeordnet­e des Europarats die Berufung von Rojas. Diese habe nicht das Profil eines Strafverfo­lgers sagte die Luxemburge­rin Anne Brasseur. Wie die Chef-Ethiker den neuen Code nun mit Leben füllen, wird auch über die Bewertung der von Infantino stets propagiert­en Imagekorre­ktur der FIFA entscheide­n.

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Foto: dpa/Ennio Leanza FIFA-Präsident Gianni Infantino

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