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Die Luft wird dünner für die deutschen Kletterer

Auf dem Weg zur Olympiapre­miere: Wo die Auswahl internatio­nal steht, könnte schon nach diesem Wochenende in München deutlicher werden

- Von Manuel Schwarz, München

In zwei Jahren werden erstmals Olympia-Medaillen an Kletterer vergeben. Das deutsche Team ist motiviert und will sich für die Quali-Phase 2019 Schwung holen. Zwei Jahre vor den Sommerspie­len in Tokio brennen die Athleten von Bundestrai­ner Urs Stöcker auf internatio­nale Vergleiche, längst steht die schwere Qualifikat­ion für die olympische Premiere in Japan 2020 im Fokus: Das Finale im Boulder-Weltcup am Wochenende in München und die WM im September in Innsbruck sind die nächsten Standortbe­stimmungen für das Team. »Wir haben ein extrem dichtes Feld. Es wird immer schwierige­r, sich vorne zu platzieren«, berichtet Coach Stöcker.

Weil extra für die Sommerspie­le das Wettkampf-Format »Olympic Combined« erfunden wurde, ein umstritten­er Mehrkampf aus den Diszipline­n Boulder, Speed und Lead, gibt es noch keine klaren Favoriten auf Medaillen in zwei Jahren. Trainer Stöcker sieht im 17 Athleten starken Perspektiv­kader für Tokio »drei bis fünf« Männer und zwei oder drei Frauen, die Chancen auf die Qualifikat­ion haben. Nur je 20 Sportler bei Männern und Frauen treten in Tokio an, pro Nation und Geschlecht maximal zwei. Zwei Starter bei den Männern und eine Frau sind das Ziel des Deutschen Alpenverei­ns. Die Startplätz­e werden 2019 bei der WM in Tokio und einem Event in Toulouse sowie Anfang 2020 bei kontinenta­len Wettkämpfe­n vergeben.

Gute Aussichten auf ein OlympiaTic­ket hat der Frankfurte­r Jan Hojer, der als Vorjahress­ieger und BoulderEur­opameister zum Weltcup-Finale nach München reiste und aktuell Siebter der Disziplin-Weltrangli­ste ist. ALexander Megos rangiert beim Lead – also dem Seilklette­rn – gar auf Weltrangli­stenplatz fünf.

Ob der Erlanger aber überhaupt Lust hat, für Tokio zu kämpfen, ist noch offen. »Alex Megos gehört zu den allerbeste­n Felsklette­rern der Welt«, erklärt Stöcker: neben dem tschechisc­hen Star Adam Ondra sei der 25-Jährige wahrschein­lich der Stärkste überhaupt am Felsen. »Die Frage ist, ob er den Fokus aufgeben soll für den Wettkampfs­port.« Die Outdoor-Komponente und der Freigeist-Gedanke spielen beim Klettern eine wichtige Rolle, viele sehen Olympia deshalb kritisch. Stöcker vermutet, dass Megos antreten wird. »Ich glaube, gewisse Funken sind gesprungen«, erzählt er.

Andere haben sich bereits ganz dem Ziel Tokio verschrieb­en. »Olympia ist als Traum im Kopf«, sagt Alma Bestvater. »Aber ich weiß, dass ich noch einen harten Weg vor mir habe.« Die 22-Jährige, die in dieser Saison schon bei zwei Boulder-Weltcups im Finale der besten Sechs stand, zog jüngst von Weimar nach München, um besser trainieren zu können. In Augsburg eröffnete der Deutsche Alpenverei­n im Juni ein neues Kletterzen­trum mit dem Fokus auf Top-Athleten – bislang mussten diese in öffentlich­en Hallen neben Freizeitsp­ortlern trainieren.

Für Stöcker war dies elementar, um internatio­nal konkurrenz­fähig zu bleiben. »Man merkt, dass die Förderung und Profession­alisierung extrem zugenommen haben, auch bei den mittleren oder kleineren Verbänden«, berichtet der Schweizer. »Es ist alles viel dichter geworden und daher auch unvorherse­hbarer.« Jetzt gilt es für die Kletterer, sich Schwung zu holen für das Quali-Jahr 2019.

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Foto: dpa/DAV/Marco Kost Alex Megos 2017 beim Boulderwel­tcup in München

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