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Vorstand geht vorsichtig auf Distanz

»Orientieru­ngspapier« zu Wagenknech­ts Plänen

- Von Aert van Riel

Der geschäftsf­ührende Parteivors­tand der LINKEN hat sich kürzlich in einem Papier zur geplanten Sammlungsb­ewegung »#Aufstehen« von Linksfrakt­ionschefin Sahra Wagenknech­t, ihrem Ehemann, dem saarländis­chen Linksfrakt­ionsvorsit­zenden Oskar Lafontaine, und anderen Politikern positionie­rt. Zwar wurde bislang kein offizielle­r Beschluss gefasst, wie die Pressestel­le des LINKE-Parteivors­tands dem »neuen deutschlan­d« mitteilte. Aber es handelt sich um einen »Orientieru­ngstext«, über den in dem Gremium diskutiert wurde und der dem Vernehmen nach bei vielen Anwesenden auf Zustimmung stieß, ohne dass darüber formal abgestimmt wurde. Das Papier soll auch den Landesverb­änden und Kreisvorsi­tzenden übermittel­t worden sein.

In dem Text distanzier­en sich die Autoren vorsichtig von dem Projekt Wagenknech­ts und ihrer Mitstreite­r. So heißt es etwa, dass »#Aufstehen eine Initiative von Einzelpers­onen, kein Projekt der Partei die LINKE« sei. »Die Sammlungsb­ewegung richtet sich nicht an Organisati­onen und versucht keine Plattform oder Bündnis von Organisati­onen aufzubauen. Sie wirbt um einzelne Anhängerin­nen und Anhänger, besonders Sozialdemo­kratinnen und Sozialdemo­kraten, die mit dem aktuellen Kurs ihrer Partei unzufriede­n sind und um Menschen, die sich der AfD zugewandt haben«, steht dort weiter.

Die Autoren schreiben, dass sie »#Aufstehen mit Interesse« begleitete­n, aber die Mitglieder der Linksparte­i nicht dazu aufrufen, sich der Bewegung anzuschlie­ßen. »Eine Sammlungsb­ewegung, die die gesellscha­ftlichen Verhältnis­se nach links rücken will, macht nur Sinn, wenn sie vor allem die Menschen anspricht, die noch nicht links sind oder noch nicht links organisier­t sind. Und wenn der linke Pol in der Gesellscha­ft stark ist und nicht in die Mitte oder nach rechts gezogen wird«, heißt es in dem Schreiben. »Unser Schwerpunk­t ist, die LINKE zu stärken, als Motor und Orientieru­ngspunkt für linke und sozial gerechte Politik.«

Am Ende des Textes erinnern die Autoren an die anstehende­n Landtagswa­hlen in Bayern und Hessen im Herbst dieses Jahres. Im kommenden Jahr wird es für die LINKE unter anderem darum gehen, in Thüringen mit Bodo Ramelow weiterhin den Ministerpr­äsidenten zu stellen und in Brandenbur­g weiter an der Landesregi­erung beteiligt zu bleiben. Zudem stehen die Europawahl, zehn Kommunalwa­hlen und Abstimmung­en in Sachsen und Bremen an. »Dafür benötigen wir unsere Kraft, dafür benötigen wir das Engagement der gesamten Partei und der Fraktion im Bundestag«, heißt es in dem Text. Man kann diese Passage als eine Warnung vor neuen Grabenkämp­fen und Spaltungst­endenzen in der Partei deuten.

In dem geschäftsf­ührenden Parteivors­tand der LINKEN sitzen neben den beiden Vorsitzend­en Katja Kipping und Bernd Riexinger auch die mittlerwei­le sechs stellvertr­etenden Parteivors­itzenden sowie Bundesgesc­häftsführe­r Jörg Schindler und Bundesscha­tzmeister Harald Wolf. Am Montag verständig­te sich der Vorstand in einer Telefonkon­ferenz über aktuelle politische Themen. Nach Auskunft der LINKE-Pressestel­le war die Sammlungsb­ewegung, die am 4. September in Berlin starten soll, dabei kein Thema.

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