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Wer ist schuld an hohen Baukosten?

Immobilien­verbände kritisiere­n Kommunen, die sich zu Unrecht am Pranger sehen

- Von Alexander Sturm

In den Großstädte­n sind die Mieten stark gestiegen – auch weil die Baukosten immer höher klettern. Die Kommunen tragen einen Teil der Schuld, klagt die Immobilien­wirtschaft. Die Städte sind empört. Die Immobilien­wirtschaft wirft Kommunen vor, Mittel für schnelles und günstiges Bauen nicht genug auszuschöp­fen. Im Kampf gegen steigende Mieten in Großstädte­n werde von staatliche­r Seite nicht genug getan, kritisiert der Zentrale Immobilien­Ausschuss (ZIA). Bauen sei in den vergangene­n Jahren stetig teurer geworden, sagte ZIA-Präsident Andreas Mattner. Dabei gebe es viele Instrument­e wie digitale Planungen, Konzeptver­gaben für Grundstück­e oder serielles länderüber­greifendes Bauen. »Diese Angebote werden von zu wenigen Kommunen genutzt«.

Der ZIA, der mehr als 25 Verbände der Immobilien­branche vertritt, verweist für seine Kritik auf eine eigene Umfrage unter 5000 Befragten. Demnach sehen mehr als 80 Prozent der Bundesbürg­er steigende Bau- und Grundstück­skosten als wesentlich­en Grund für die Mietpreisa­nstiege in Metropolen. Nur das allgemein geringe Wohnangebo­t werde noch stärker für das immer teurere Wohnen in Großstädte­n verantwort­lich gemacht (86,9 Prozent), heißt es in dem Papier.

Der Verband kritisiert den Bestand verschiede­ner Landesbauo­rd- nungen, die Verzögerun­gen und Kosten verursacht­en. Einmal genehmigte Bautypen sollten in allen Bundesländ­ern anwendbar sein, um schnell in Serie bauen zu können. Zudem plädiert der ZIA für Konzeptver­gaben. Dabei verzichten Kommunen bei der Vergabe von Grundstück­en auf den maximal möglichen Preis und entscheide­n nach Qualität des eingereich­ten Vorschlags von Projektent­wicklern – etwa ökologisch­e und energieeff­iziente Kriterien oder Ideen für soziale gemischte Wohnquarti­ere.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebu­nd entgegnete, Konzeptver­gaben, serielles Bauen und digitale Planungen würden von den Kommunen »vielfach aktiv genutzt«. Aber in erster Linie müssten Städte und Gemeinden bessere Möglichkei­ten zur Mobilisier­ung von Bauland bekommen, meinte Hauptgesch­äftsführer Gerd Landsberg. Dazu seien Vereinfach­ungen im Planungs-, Bauordnung­s- und Vergaberec­ht nötig. »Gefordert sind hier nicht die Kommunen, sondern Bund und Länder.« Landsberg plädierte für den Abbau der über 20 000 Bauvorschr­iften, die teils Kosten trieben. Es brauche Steueranre­ize, um Investitio­nen in den Wohnungsba­u zu stärken. »Gegenseiti­ge Schuldzuwe­isungen« schafften keine einzige neue Wohnung.

2017 kletterten die Preise für Neubauten und Renovierun­gen laut der Beratungsf­irma EY Parthenon um gut drei Prozent – deutlich mehr als die Inflation. Ein Ende sei nicht absehbar, da die Preise für Material wie Zement kletterten und auch Personal teurer werde. Ein Mangel an Handwerker­n, vor allem bei Meistern, bremse den Bauboom ebenfalls, schrieb jüngst die Förderbank KfW. Es gebe 653 000 genehmigte, aber nicht gebaute Wohnungen. Um den Wohnungsma­ngel in Deutschlan­d zu beheben, sind nach Ansicht von Regierung und Immobilien­branche 350 000 bis 400 000 neue Wohnungen pro Jahr nötig. 2017 wurden aber nur knapp 285 000 fertig.

In den Bauämtern sei in den vergangene­n Jahren viel Personal abgebaut worden, kritisiert ZIA-Präsident Mattner. Viele Kommunen seien mit den Herausford­erungen im Immobilien­boom überlastet.

Der Bedarf an neuen Wohnungen ist groß. Knapp 84 Prozent der Deutschen wünschten sich ein Eigenheim, anstatt Miete zu bezahlen, ergab eine Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Civey für »Spiegel Online«. Es planen aber nur 16 Prozent den Kauf einer Immobilie in den nächsten fünf Jahren.

»Gefordert sind hier nicht die Kommunen, sondern Bund und Länder.« Gerd Landsberg, Deutscher Städte- und Gemeindebu­nd

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