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LINKE verbündet sich mit der CDU

In Ostprignit­z-Ruppin unterzeich­neten die Parteien ein Abkommen zur Wahl des Landrats

- Von Andreas Fritsche

Das hat es in der Form in Brandenbur­g bisher noch nicht gegeben: eine schriftlic­h fixierte und offen zugegebene Kooperatio­n von CDU und LINKE. Ein Testlauf für die Zeit nach der Landtagswa­hl 2019?

Auf Bundeseben­e wird gerade heftig darüber gestritten, ob es für die CDU denkbar wäre, mit der Linksparte­i zu koalieren. Nun wird es im Landkreis Ostprignit­z-Ruppin einfach ausprobier­t. Die Kreisvorsi­tzenden Jan Redmann (CDU) sowie Rita Büchner und Paul Schmudlach (LINKE) unterschri­eben am Montagnach­mittag im Hinterzimm­er eines Neuruppine­r Steakhause­s eine Kooperatio­nsvereinba­rung.

Konkret geht es darum, Egmont Hamelow (CDU) am 6. September zum neuen Landrat zu wählen – und später einen Vertreter der Linksparte­i zum Vizelandra­t (da gibt es noch keinen Namen). Weil CDU und LINKE zusammen keine Mehrheit im Kreistag haben, gibt es bei dieser auf acht Jahre angelegten Kooperatio­n noch einen dritten Partner – eine Fraktion, die aus Bauern, Wählergeme­inschaften und FDP zusammenge­setzt ist. Für die unterschri­eb der Vorsitzend­e Ralph Bormann.

Eine derartige Zusammenar­beit zwischen CDU und LINKE hat es im Land Brandenbur­g bisher noch nicht gegeben. Zwar hat die LINKE früher mal einen CDU-Politiker in der Prignitz zum Landrat gewählt. Damals gab es sogar auch schon Vereinbaru­ngen. Doch die sind nie veröffentl­icht worden. Das es sie überhaupt gegeben hat, ist erst später hinter vorgehalte­ner Hand verraten worden.

Nun also in Ostprignit­z-Ruppin ein Bündnis mit Brief und Siegel, eine Vereinbaru­ng, die jeder im Internet nachlesen kann. Wie ist es dazu gekommen? Das habe mit den Verhältnis­sen vor Ort zu tun, versichert LINKE-Kreischef Schmudlach. Es sei nicht als Testlauf für eine Koalition in Brandenbur­g nach der Landtagswa­hl 2019 gedacht.

Vor acht Jahren hatte sich die LINKE mit der SPD auf den aktuellen Landrat Ralf Reinhardt verständig­t. Doch Reinhardt und die SPD haben sich schon wenige Tage nach der Wahl nicht mehr an ihre Zusagen gebunden gefühlt, bedauert die LINKE enttäuscht. Darum gab es keine große Begeisteru­ng bei dem Gedanken, es noch einmal zu versuchen. Als Grundlage für Verhandlun­gen hatte die LINKE ihre Vorstellun­gen in einem Papier zusammenge­fasst, das sie der SPD und der CDU übermittel­te. Die SPD sei zu einem Gespräch mit diesem Text gekommen, der zu 80 Prozent grün angestrich­en war, erinnert sich Schmudlach­s LINKE-Kovorsitze­nde Büchner. Diese Dinge teile die SPD, habe die Unterbezir­ksvorsitze­nde der Sozialdemo­kraten mitgeteilt. Aber eine schriftlic­he Vereinbaru­ng habe die SPD nicht unterzeich­nen wollen, stattdesse­n einen eigenen Text entworfen – »mit wollen, könnte, sollte, machen wir vielleicht«, beschreibt Linksfrakt­ionschef Freke Over den Inhalt des SPD-Papiers. Das war den Sozialiste­n gerade nach den Erfahrunge­n vor acht Jahren zu wenig. Sie wollten Zusagen, auf die sie sich verlassen können. Mit Unterschri­ft zu ihrem Wort zu stehen, dazu war die CDU bereit. Innerhalb von drei Wochen einigten sich die Partner auf die Details. Die Linksfrakt­ion und der Kreisvorst­and gaben einstimmig ihren Segen. Trotzdem könnte die ungewöhnli­che Einigung an der Basis Befremden auslösen. Schmudlach rechnen fest mit kritischen Nachfragen.

Aber in der Vereinbaru­ng mit der CDU sei alles drin, was sich die LINKE gewünscht habe, beispielsw­eise mehr Zuschüsse für Jugend und Kultur, die Einführung eines Bürgerhaus­halts, zusätzlich­e Busverbind­ungen und die Einführung einer elektronis­chen Gesundheit­skarte für Asyl- bewerber (andere Landkreise habend diese Karte schon lange).

Die CDU plakatiert­e in den Zeiten der deutschen Teilung den Slogan »Freiheit statt Sozialismu­s«. Jetzt heiße es für die CDU in Ostprignit­zRuppin »Freiheit und Sozialismu­s«, schmunzelt Linksfrakt­ionschef Over. Für den CDU-Kreisvorsi­tzenden Redmann ist dagegen sonnenklar, der Sozialismu­s werde hier nicht eingeführt. Es solle »natürlich« auch kein Testlauf für die Landtagswa­hl sein. Denn nach wie vor gebe es deutliche Unterschie­de bei den politische­n Ansichten von CDU und LINKE. Das zeige die Debatte um das brandenbur­gische Polizeiges­etz. Doch im Kreistag werden keine Gesetze beschlosse­n, betont Redmann. Auf kommunaler Ebene betrete man auch »kein Neuland«, da habe es anderswo die Zusammenar­beit von CDU und LINKE bereits gegeben.

In einem Mitglieder­brief erklären Schmudlach, Büchner und Over ihren Genossen die Entscheidu­ng für die CDU. Die LINKE erhofft sich mit Egmont Hamelow als Landrat einen kooperativ­en Politiksti­l. Hamelow ist im Moment noch Vizelandra­t in Oberhavel. Er sprach am Montag von einer »sicherlich großen Überraschu­ng für viele, auch für mich«. Doch am meisten Spaß mache Politik mit stabilen Mehrheiten, und durch die Kooperatio­n habe man nun eine stabile Mehrheit. Allerdings finden bereits im kommenden Jahr Kommunalwa­hlen statt.

 ?? Foto: nd/Andreas Fritsche ?? Linksfrakt­ionschef Over, der künftige Landrat Hamelow und der CDU-Kreisvorsi­tzende Redmann (v.l.)
Foto: nd/Andreas Fritsche Linksfrakt­ionschef Over, der künftige Landrat Hamelow und der CDU-Kreisvorsi­tzende Redmann (v.l.)

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