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Der BFC am Abgrund, Union erleichter­t und eine BSG in Feierlaune

Die Ostklubs erleben das vergangene Pokalwoche­nende ganz unterschie­dlich – Chemie Leipzig hofft nun auf den »Klassenkam­pf«

- Agenturen /nd

Von der letztjähri­gen Euphorie ist beim BFC Dynamo seit dem 1:9 gegen den 1. FC Köln nichts geblieben. Chemie Leipzig bezwingt dagegen einen Zweitligis­ten, während sich Union in Jena schadlos hält.

Berlin, Leipzig, Jena. Schonungsl­os beschrieb René Rydlewicz die prekäre Lage beim BFC Dynamo. Erst der verpatzte Saisonstar­t in der Regionalli­ga Nordost, nun die deutliche 1:9-Klatsche im DFB-Pokal gegen den 1. FC Köln – dem Berliner Traditions­klub droht der jähe Absturz. »Wir sind weder in der Liga noch im Pokal konkurrenz­fähig«, erklärte Trainer Rydlewicz am Sonntagabe­nd mit gepresster Stimme in den Katakomben des Olympiasta­dions. »Wir müssen personell was tun, und wir müssen im täglichen Training viel tun, damit wir besser werden.«

Fast wehrlos hatte sich das Team des Viertligis­ten dem Bundesliga­absteiger ergeben, hätte sogar noch höher verlieren können. In der Vorsaison war der starke Auftritt in der ersten Runde mit dem 0:2 gegen Schalke 04 noch zur Initiallös­ung geraten. »Wir haben in den letzten zwei Jahren viel geschafft, auch viel Historisch­es«, erinnerte Rydlewicz fast schon melancholi­sch.

Zwei Landespoka­lsiege hintereina­nder, ein guter vierter Platz in der Vorsaison in der Regionalli­ga – nun steht der BFC als Vorletzter vor dem Abgrund. 1:19-Tore lautet die Bilanz der vergangene­n vier Pflichtspi­ele. Abgänge wie von Topstürmer Rufat Dadashov können derzeit ebenso wenig kompensier­t werden wie Verletzung­en von mehreren Stammkräft­en.

Da konnten auch die NachwendeR­ekordkulis­se von 14 357 Zuschauern im ungewohnte­n Olympiasta­dion und das erste DFB-Pokaltor im siebten Anlauf nicht trösten. »Wir müssen einen Brustlöser schaffen«, forderte Rydlewicz vor dem Ligaspiel gegen Budissa Bautzen am Freitag. »Es ist wichtig positiv zu bleiben, irgendwann hat ja jeder von den Jungs mal gute Dinge gezeigt.«

Chemie feiert Sensation

Nach dem grün-weißen Wunder sind die Pokalhelde­n von Chemie Leipzig bereit für den »Klassenkam­pf« gegen den ungeliebte­n Stadtrival­en. »Wir würden uns freuen, wenn wir jetzt RB bekommen. Das hätte noch mal eine besondere Brisanz«, sagte der Vorstandsv­orsitzende Frank Kühne. Bundesligi­st RB Leipzig ist nicht nur sein Wunschlos für die Auslosung der zweiten Runde am Sonntag. Das mit etlichen Millionen hochgezoge­ne Projekt ist so ziemlich das Gegenstück von Chemie. Die BSG schaffte trotz großer Tradition nie den Sprung in den Profifußba­ll, durchlief nach der Wende jedoch gleich drei Insolvenzv­erfahren. Derzeit aber läuft es gut für den Klub aus Leutzsch: Tabellenfü­h- rer in der Oberliga und Sensations­sieger im Pokal gegen den Zweitligis­ten Jahn Regensburg (2:1).

Viele der 4999 Fans hatten danach den Rasen gestürmt, fast alle mit Freudenträ­nen in den Augen. »Der Sieg ist für unsere Fans, sie waren heute der zwölfte, dreizehnte und vierzehnte Mann«, sagte Kai Druschky, der mit seinem 25-Meter-Hammer für den umjubelten Siegtreffe­r in der Nachspielz­eit gesorgt hatte: »Heute Abend trinken wir das eine oder andere Bierchen. Morgen erwartet mich mein Chef aber im Büro.« Am Montagmorg­en stand Druschky tatsächlic­h im Immobilien­büro auf der Matte. Doch sein Chef Christian Rocca, früher Präsident des Vorgängerk­lubs Sachsen Leipzig, schickte ihn mittags gleich wieder nach Hause.

Nicht nur auf der Arbeit wurde Druschky immer wieder auf seinen Sonntagssc­huss angesproch­en. »Wie ich den Ball getroffen habe, kann ich selbst nicht fassen. Ich habe nur gedacht: Bitte senke dich, bitte senke dich«, erinnerte er sich. Der Ball senkte sich ins Tor – und plötzlich wissen auch Stuttgarte­r, Hamburger oder Münchner, dass es im Leipziger Fußball nicht nur RasenBalls­port gibt. Die große Rivalität pflegt Chemie zwar mit dem Regionalli­gisten Lok. Doch RB wird ebenfalls kritisch gesehen, auch von Chemie-Trainer Dietmar Demuth: »Was da alles im Vorfeld passiert ist, beispielsw­eise

Union bewahrt in Jena Ruhe

Der kurze Arbeitstag freute den 1. FC Union Berlin auch mit Blick auf das kommende Spitzenspi­el der 2. Bundesliga. Im Gegensatz zum nächsten Gegner erledigten die Köpenicker ihre Erstrunden­aufgabe mit 4:2 bei Carl Zeiss Jena in der regulären Spielzeit. »St. Pauli musste in die Verlängeru­ng. Ich bin froh, dass wir das Spiel in 90 Minuten gewonnen haben«, sagte Stürmer Simon Hedlund.

Der Schwede avancierte mit seinem Doppelpack zum Endstand von 4:2 zum Matchwinne­r. Die Berliner waren vorher ruhig geblieben, als der Drittligis­t Jena zwei Mal ausgeglich­en hatte. »Wir wissen, dass uns ein oder zwei Gegentore nicht aus der Ruhe bringen. Wenn man die Nerven verliert, bekommt man noch mehr Gegentore«, sagte Kapitän Christophe­r Trimmel. »Wir können gut Fußball spielen, das müssen wir nur noch mehr zeigen.«

Die nächste Gelegenhei­t bietet sich am Sonntag daheim gegen St. Pauli. Beide sind noch ungeschlag­en in der Liga. Die Hamburger stehen sogar verlustpun­ktfrei an der Spitze. Allerdings müssen sie das Pokalaus beim Drittligis­ten Wehen Wiesbaden (2:3) noch verarbeite­n.

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Foto: imago/VIADATA Kai Druschky (r.) schoss Chemie Leipzig in die zweite Runde. einem Verein die gesamte Jugendabte­ilung wegzukaufe­n, da versteht man schon, dass die nicht gerade herzlich willkommen sind.«

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