nd.DerTag

Im Hamsterrad des Mietenwahn­s

- Über verfehlte soziale Wohnungspo­litik

Maria Jordan Gibt man in der Suchfunkti­onsleiste einer der großen Immobilien-Plattforme­n die Kriterien der neuen »Ausführung­svorschrif­t Wohnen« für einen Drei-Personen-Haushalt ein, werden 13 Ergebnisse für Berlin angezeigt. 13 Wohnungen in einer Stadt mit mittlerwei­le fast vier Millionen Einwohner*innen.

13 Inserate, bei denen die Kaltmiete nicht mehr als 604 Euro beträgt – das ist der Richtwert, den der rot-rot-grüne Senat für drei Personen vorschreib­t. Kostet die Miete mehr, gibt es vom Jobcenter oder Sozialamt keine weiteren Zuschüsse für Miete und Heizung. Die Differenz müssen die Leistungsb­ezieher*innen dann selbst bezahlen – oder eben umziehen, wie das Jobcenter gern vorschlägt. Der Blick auf das Immobilien­angebot zeigt, wie schwierig das werden kann. 13 Angebote in Hellersdor­f, Marzahn, Staaken und Waidmannsl­ust. Ein Angebot gibt es in Mitte – aber das ist ein »Grand Room« in einem »Co-Living« – also praktisch ein WG-Zimmer. Das kommt für eine dreiköpfig­e Familie kaum infrage.

Durch das Experiment wird sichtbar, was ohnehin zu befürchten war: Trotz der Anpassung der Richtwerte bleiben die Regelungen der AV-Wohnen weit hinter der Realität des Berliner Wohnungsma­rkts zurück. Kein Wunder, sie richtet sich jeweils nach dem Mietspiege­l des Vorjahrs.

Wenn Miete die größte soziale Frage in Berlin ist, wie Wirtschaft­ssenatorin Ramona Pop schon 2016 sagte, dann liegt der Auftrag des Senats eigentlich auf der Hand: Anstatt dem entgleiste­n Wohnungsma­rkt ewig hinterherz­uhecheln und so weder den Einkommens­schwachen tatsächlic­h zu helfen noch den Mietenwahn­sinn zu bremsen, muss die Berliner Regierung endlich den Weg in eine soziale Wohnungspo­litik finden.

 ?? Foto: nd/Anja Märtin ??
Foto: nd/Anja Märtin

Newspapers in German

Newspapers from Germany