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Nicht nur Trump ist ein Problem

Wie jedes Jahr treffen sich die Notenbanke­r aus aller Welt in den Rocky Mountains

- Von Hermannus Pfeiffer

Zwar versucht US-Präsident Donald Trump derzeit massiv, die US-Notenbank Fed zu beeinfluss­en. Doch er und sein Handelskri­eg sind nicht die einzige Herausford­erung, vor der Notenbanke­r zurzeit stehen. Kaum jemand kann es Donald Trump recht machen. In dieser Woche bekam auch die US-Notenbank ihr Fett weg, insbesonde­re stört sich der USPräsiden­t an deren Zinserhöhu­ngen. Er bevorzugt eine Politik des billigen Geldes. Dabei hatte er Jerome Powell vor einigen Monaten erst selbst für den Posten an der Spitze US-Notenbank Fed ausgewählt. Nach der Kritik von Trump wird an diesem Freitag die Rede des Fed-Chefs weltweit mit Spannung erwartet.

Dabei ist die Sache an sich ganz einfach. Die Fed ist wie fast alle Zentralban­ken relativ unabhängig von der jeweiligen Regierung. Ihre Aufgabe ist es, den Geldwert stabil zu halten. Steigen die Preise, wie sie es in den USA tun, muss die Notenbank die Zinsen erhöhen. Steigende Zinsen dämpfen dann die Konjunktur und die Inflations­rate sinkt wieder. Als einzige große Zentralban­k hatte die Fed bereits seit Ende 2015 die Zinsen in kleinen Schritten angehoben. Bis Ende 2018 plant die Fed noch zwei weitere Zinsschrit­te, um die Preise stabil zu halten und ein »Überhitzen« der Konjunktur zu verhindern.

Doch seit der Finanzkris­e haben viele Ökonomen Zweifel an der klassische­n Lehrmeinun­g, welcher auch die Fed folgt. Der Zusammenha­ng zwischen Zinsen, Preisen und Konjunktur scheint heute nicht mehr so zu bestehen. Trotz Null-Zins-Geldpoliti­k durch die Notenbanke­n wachsen die meisten Industries­taaten nicht mehr wie früher. Auch im Euroraum deuten die Daten darauf hin, dass die Wirtschaft nur das am Jahresanfa­ng eingeschla­gene moderatere Expansions­tempo beibehält. Und der am Donnerstag veröffentl­ichte Schifffahr­ts-Index des Wirtschaft­sforschung­sinstituts RWI deutet auf einen »stagnieren­den Welthandel« hin.

Insofern steht Trump nicht allein, wenn er vor Zinserhöhu­ngen warnt. Ihm dürfte es dabei auch darum gehen, dass der Wirtschaft­smotor nicht schon vor der Präsidente­nwahl 2020 ins Stottern gerät. Zwischen April und Juni stieg das amerikanis­che Bruttoinla­ndsprodukt mit einer auf das Jahr hochgerech­neten Rate von 4,1 Prozent. Im ersten Quartal hatte es »nur« ein Plus von 2,2 Prozent gegeben.

Auch andere alte Gewissheit­en dürften Notenbanke­r, Wissenscha­ftler und Journalist­en aus aller Welt in Frage stellen, wenn sie sich am Wochenende zum 42. Mal in dem kleinen Provinznes­t Jackson Hole am Fuße der Rocky Mountains treffen. Mit der zunehmende­n Bedeutung der Finanzmärk­te wurde Jackson Hole zu einem der wichtigste­n Gipfeltref­fen. »Wandelnde Märkte und die Geldpoliti­k« lautet das diesjährig­e Motto.

Einen solchen Wandel verspreche­n die Börsen. 3454 Tage lang sind die Aktienkurs­e an der Wall Street gestiegen und bildeten so die längste »Hausse«, die der US-Aktienmark­t bislang gesehen hat. Aber auch die Gründe für die weltweit niedrige In- flation, das langsame Lohnwachst­um und die kaum steigende Produktivi­tät dürften in Jackson Hole diskutiert werden. Denn solch Veränderun­gen beeinfluss­en die Geldpoliti­k. Eine andere neue Herausford­erung sind virtuelle Währungen wie Bitcoin oder Fintechs, IT-Firmen, die Märkte von Banken und Versicheru­ngen kapern. Aber es gilt, auch konvention­elle Probleme zu bedenken: Etwa die Währungskr­isen in Türkei und Argentinie­n. Der Internatio­nale Währungsfo­nds hat dem konservati­ven Präsidente­n Mauricio Macri gerade eine Kreditlini­e über 50 Milliarden Dollar bewilligt, um den Verfall des Peso zu stoppen.

Und während US-Banken vor Profiten strotzen, sitzen Banken in Europa auf zu vielen faulen Krediten. Auch die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) hat Probleme. In mehreren großen Euroländer­n, darunter Deutschlan­d, nähert sich der Anteil der von der EZB erworbenen Staats- anleihen einem Drittel aller Schuldtite­l. Dieser Wert gilt als Grenze, um sich der Kritiker zu erwehren, die der EZB eine Staatsfina­nzierung vorwerfen. Anderseits ist inner- und außerhalb der EU in vielen Ländern die öffentlich­e und private Verschuldu­ng so stark gestiegen, dass Geldgeber teure Zinsen verlangen können. Was die Wirtschaft schwächt und den Abstand zu Weltmarktf­ührern wie Deutschlan­d und China vergrößern dürfte.

Einfache Lösungen sind in diesem globalen Kuddelmudd­el nicht in Sicht. Auch Trump steckt in einem Dilemma. Um seine Steuergesc­henke an Unternehme­n, die Aufrüstung der Streitkräf­te und Investitio­nen in die marode Infrastruk­tur zu finanziere­n, muss der Dollar für Investoren aus aller Welt attraktiv bleiben. Dazu sollten aber die Zinsen höher als in Europa und Japan bleiben. Doch auch die Fed kann nicht gleichzeit­ig die Zinsen erhöhen und niedrig halten.

 ?? Foto: dpa/Martinez Monsivais ?? Ahnte US-Notenbankc­hef Powell schon bei seiner Ernennung, dass er Probleme mit Trump kriegt?
Foto: dpa/Martinez Monsivais Ahnte US-Notenbankc­hef Powell schon bei seiner Ernennung, dass er Probleme mit Trump kriegt?

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