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Rbb: Dubioser Pharmahand­el begann 2013

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Recherchen belegen, dass die Firma Lunapharm bereits seit fünf Jahren von jener griechisch­en Apotheke beliefert wurde, der Handel mit gestohlene­n Medikament­en vorgeworfe­n wird.

Potsdam. Das Ausmaß des Pharmaskan­dals in Brandenbur­g soll größer sein als bislang bekannt. Nach Recherchen des vom Rundfunk Berlin-Brandenbur­g (rbb) produziert­en Politikmag­azins »Kontraste« wurde die im Mittelpunk­t des Skandals stehende Firma Lunapharm schon von 2013 an von der griechisch­en Apotheke beliefert, die auch gestohlene Krebsmedik­amente vertrieben haben soll. Bis mindestens März 2018 sei der Handel zwischen Lunapharm und der Apotheke fortgesetz­t worden, heißt es in einem Vorab-Bericht des Magazins unter Berufung auf Ermittlung­sakten griechisch­er Behörden. Allein zwischen 2013 und 2016 seien Medikament­e für über 20 Millionen Euro an Lunapharm geliefert worden. Das Magazin sollte am Donnerstag­abend ausgestrah­lt werden.

Wie die Potsdamer Staatsanwa­ltschaft am Donnerstag »Kontraste« und dem Nachrichte­nmagazin »Spiegel« auf Anfrage bestätigte, seien am Mittwoch elf Wohn- und Geschäftsr­äume in sechs Städten und Gemeinden in Hessen durchsucht worden. Dabei seien Akten und Datenträge­r, jedoch keine Medikament­e sichergest­ellt worden. Die Zahl der Beschuldig­ten in dem Verfahren wegen des Verdachts der gewerbsmäß­igen Hehlerei und des Verstoßes gegen das Arzneimitt­elgesetz wuchs von zwei auf sieben. Die fünf neuen Beschuldig­ten im Alter von 29 bis 67 Jahren sind Geschäftsp­artner von Lunapharm.

Ebenfalls am Donnerstag berichtete die »Bild«-Zeitung, dass zwei Beschäftig­te der Berliner Charité im Nebenjob für Lunapharm tätig gewesen seien. Die im August 2014 begonnene Nebentätig­keit mit maximal acht Stunden pro Monat sei genehmigt gewesen, die Erlaubnis aber im Juli 2018 aufgehoben worden, teilte dazu die Charité mit. Die Krankenhau­sapotheke der Charité habe aber keine Geschäftsb­eziehungen zu Lunapharm unterhalte­n.

Angesichts der neuen Enthüllung­en fordert die CDU im Landtag, Regierungs­chef Dietmar Woidke (SPD) müsse rasch handeln. »Es ist Zeit, dass endlich Konsequenz­en gezogen werden. Der Ministerpr­äsident des Landes muss Handlungss­tärke beweisen und weiteren Schaden vom Land abwenden«, sagte CDU-Fraktionsc­hef Ingo Senftleben. Immer wieder seien die Betroffene­n nur durch Abgeordnet­e oder Medien über das Ausmaß des Skandals informiert worden. »Ich habe die Sorge, dass die Landesregi­erung gar nicht mehr in der Lage ist, wie versproche­n umfassend aufzukläre­n«, sagte er.

Das Gesundheit­sministeri­um in Potsdam ging bisher davon aus, dass die Geschäftsb­eziehungen des Pharmahänd­lers und der Apotheke von 2015 bis 2017 bestanden. In dieser Zeit habe Lunapharm 4651 Arzneimitt­elpackunge­n sowie darüber hinaus Ausgangsst­offe für die Arzneimitt­elherstell­ung von 17 Lieferante­n und Ware für den Großhandel bezogen, hieß es.

Frühere Geschäftsb­eziehungen seien ihrem Haus bislang nicht bekannt, sagte Gesundheit­sministeri­n Diana Golze (LINKE) im »Kontraste«-Interview. »Wir haben bis jetzt nur den Kenntnisst­and der Jahre, ich glaube, 2015 bis 2017.«, Die Ministerin, die wegen des Skandals erheblich unter Druck steht, lehnt einen Rücktritt ab.

Am Dienstag wird die von Golze eingesetzt­e unabhängig­e Expertenko­mmission bei einer Sondersitz­ung des Gesundheit­sausschuss­es im Landtag ihren Untersuchu­ngsbericht vorlegen. Wie es hieß, habe sie dafür aber nicht mit allen relevanten Mitarbeite­rn des Ministeriu­ms und der Arzneimitt­elaufsicht gesprochen.

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