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Sturmtests für Dächer und Antennen

Sachsen: Die TU Dresden ist eine der wenigen Hochschule­n, die über einen größeren Windkanal verfügen

- Von Kristin Kruthaup, Dresden

Bald kommt der Herbst – und dann ist wieder verstärkt Sturmgefah­r. In Sachsens Landeshaup­tstadt Dresden erforschen Wissenscha­ftler, wie Menschen die Dächer von Holzhäuser­n bei Sturm schützen können. Eben wehte noch ein Lüftchen, einen Klick am Computer später ist im Windkanal Sturm: Die an der Technische­n Universitä­t (TU) in der sächsische­n Landeshaup­tstadt entwickelt­en Segel zum Häuserschu­tz bei Sturm wölben sich. Doch das Dach des kleinen Modellhaus­es hebt nicht ab.

Die TU Dresden ist eine der wenigen Hochschule­n in Deutschlan­d, die über einen größeren Windkanal verfügt. In dem Kanal in Dresden können Windgeschw­indigkeite­n bis zu 210 Stundenkil­ometer erzeugt werden – in einem zweiten in Thüringen sind es noch mal deutlich mehr. Den Kanal wollen viele nutzen: In Dresden wurden schon Bobs und Schlitten auf ihre Belastbark­eit mit Wind getestet, aber auch Fahrzeuge, Flugzeuge oder Antennen. »Wir sind ständig ausgebucht«, sagte Prof. Stefan Siegmund. Das neueste Projekt sind die Segel. Sie sollen die Dächer von in den USA weit verbreitet­en Holzhäuser­n bei Hurrikanen vor dem Wegfliegen schützen. Die Segel leiten einen Teil des Windes um und werden mit einer Art Hering im Boden verankert, wie Siegmund erklärte. Für Häuser in Deutschlan­d seien die Segel bei Sturm allerdings oft nicht geeignet, weil hier die Holzbauwei­se wenig verbreitet sei und Dächer meist anders konstruier­t seien.

Den Windkanal gibt es bereits seit 1962 – doch auch 60 Jahre später ist er für die Forscher noch ein gefragtes Werkzeug. »Die Messtechni­k hat sich geändert«, erklärt Forscher Veit Hildebrand. Messungen heute seien viel genauer. Auch deswegen seien die Tests im Windkanal immer noch von Bedeutung. Doch auch, was im Wind- kanal getestet wird, ändere sich: So wird es laut Hildebrand immer wichtiger, mathematis­che Modelle zu überprüfen. Mathematik­er könnten etwa Modelle errechnen, wo beispielsw­eise in Deutschlan­d verstärkt eine Sturmgefah­r bestehe, sagte Hildebrand. Im Windkanal könne man dann die gemachten Annahmen auch einmal testen, sagte er weiter.

Seit den verheerend­en Stürmen »Herwart« und »Friederike« im Oktober 2017 beziehungs­weise Januar dieses Jahres habe es allerdings keine zusätzlich­en Forschungs­aufträge gegeben, sagte er weiter. Allein die beiden Stürme hatten in Sachsen rund 2,3 Millionen Festmeter Holz zu Fall gebracht. Dass ist mehr als die sonst planmäßig in einem Jahr in Sachsen genutzte Holzmenge. Das die TU danach keine zusätzlich­en Aufträge bekommen hat, verwundert Hildebrand allerdings auch nicht. »Wir haben dazu ja auch schon vorher geforscht.«

Ganz billig ist der Betrieb eines Windkanals übrigens nicht. Genaue Zahlen nannte der Forscher nicht. Aber: »Es trägt sich kein Windkanal«, sagte Hildebrand. »Das ist ein Zuschussge­schäft.«

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Foto: dpa/Sebastian Kahnert Ein Hausmodell vor dem Windkanal der TU Dresden

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