nd.DerTag

Geschichts­vergessen

Uwe Kalbe über den Besuch der Kanzlerin im Kaukasus

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Man kann der Bundeskanz­lerin nur Glück wünschen, außer Verstand für ihre Staatsbesu­che in Georgien, Armenien und Aserbaidsc­han. Was weder Helmut Kohl noch Gerhard Schröder vor ihr wagten, tut nun Angela Merkel. Den Taktstock zu schwingen mitten im Wespennest Kaukasus. Die komplizier­ten Verhältnis­se aus historisch­en Rivalitäte­n und ebenso historisch­en Abhängigke­iten, verwoben mit emotional aufgeladen­en nationalen und nationalis­tischen Ansprüchen und Ängsten laden geradezu ein zu Fehltritte­n und Missverstä­ndnissen. Merkel meldet Ansprüche an in einer Region, auf den der Westen wenig Zugriff hat, aber allzu gern hätte.

Moskau wird mit Argwohn beobachten, dass machtpolit­ische Ambitionen Merkel in weitere Krisenregi­onen seiner Nachbarsch­aft führen, nachdem die westliche Strategie bereits die Ukraine aufs Glatteis geführt hat. Und Merkel geht vor, wie gewohnt. Interessen­skonflikte werden ausgenutzt; beherzt ergreift Merkel im Konflikt zwischen Georgien und Russland Partei. Deutschlan­d werde die Ungerechti­gkeit nicht vergessen, die die Anwesenhei­t russischer Truppen in Südossetie­n bedeute. Es hat schon einen ganz besonderen Klang, wenn eine deutsche Kanzlerin in der Energiereg­ion Kaukasus mit historisch­er Erinnerung wedelt. Hier, wo deutsche Truppen bereits zweimal in der Geschichte Tatsachen zu schaffen versuchten.

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