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»In falsche Hände geraten«

Humanitäre US-Hilfe ging an Al-Qaida-Kämpfer in Idlib

- Von Karin Leukefeld, Damaskus

Eine US-Regierungs­kommission, die Geldzahlun­gen der staatliche­n Entwicklun­gshilfeorg­anisation USAID kontrollie­rt, hat herausgefu­nden, dass Kämpfer in der nordwestli­chen Provinz Idlib auf der Empfängerl­iste für humanitäre Hilfe standen, die von USAID mit 44,6 Millionen USDollar finanziert wurde. Die Empfänger gehörten demnach der ehemaligen Nusra Front (Al Qaida) an, die sich heute Hay’at Tahrir al Scham nennt. Das Integriert­e Regionale Informatio­nsnetzwerk (IRIN), eine zunächst mit der UNO, seit 2015 unabhängig arbeitende Nachrichte­nagentur, berichtete über den Fall und schrieb, dass derzeit drei drei solcher Untersuchu­ngen stattfände­n.

Die zuständige USAID-interne Kontrollbe­hörde OIG (Büro für allgemeine Untersuchu­ngen) wollte den Namen der Hilfsorgan­isation nicht nennen. IRIN geht davon aus, dass es sich um den Katholisch­en Hilfsdiens­t (CRS) handelt, der bisher von USAID 147 Millionen US-Dollar für humanitäre Hilfsleist­ungen in Syrien erhalten hat. Die Organisati­on erklärte, sie habe ihre Tätigkeit im Nordwesten Syriens eingestell­t, nachdem Hilfe »in die falschen Hände« geraten sei.

In einem Untersuchu­ngsbericht von USAID an den US-Kongress von Juli 2018 heißt es, Kämpfer von Hay’at Tahrir AlScham seien von Mitarbeite­rn der betroffene­n Organisati­on auf die Liste von Zivilisten gesetzt worden, die Nahrungsmi­ttelhilfe erhalten durften. USAID hätten sie eine »gefälschte Empfängerl­isten« eingereich­t, um den Vorgang zu vertuschen. Die Mitarbeite­r hätten unter Zwang der bewaffnete­n Gruppe gehandelt, 27 Personen seien entlassen worden.

Ashley Jackson, Mitarbeite­rin des britischen Instituts für internatio­nale Entwicklun­g (ODI) beobachtet seit Jahren die humanitäre Hilfe in Kriegs- und Krisengebi­eten. Der Vorgang in Idlib sei nicht nur unverantwo­rtlich von der Hilfsorgan­isation, kommentier­te sie. »Es sind auch unverantwo­rtliche Geldgeber, die sich innenpolit­ischem Druck beugen und Hilfe liefern, obwohl sie wissen, dass diese in die falschen Hände geraten kann«, so Jackson.

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