nd.DerTag

Kompliment­e sind keine Währung

Folge 139 der nd-Serie »Ostkurve«: Cottbus will mit Aufstiegsh­elden zum Klassenerh­alt

- Von Matthias Koch, Cottbus

Drittliga-Aufsteiger Energie Cottbus kann mit dem Saisonstar­t zufrieden sein, obwohl sich die Mannschaft kaum verändert hat. Leider sorgen auch neben dem Platz die gleichen Akteure weiter für Schlagzeil­en. Fünf Tage lang hatte Energie Cottbus Zeit, das Trauma des Ausscheide­ns im DFB-Pokal zu verkraften. Am Montag mussten sich die Lausitzer in der ersten Runde dem Erstligist­en SC Freiburg erst im Elfmetersc­hießen (3:5, 2:2 nach Verlängeru­ng) beugen. Damit wiederholt­e sich das Cottbuser Dilemma dieses Wettbewerb­s. Auch gegen den Hamburger SV 2014 und den VfB Stuttgart 2017 musste man sich Bundesligi­sten im Entscheidu­ngsschieße­n geschlagen geben. »Wir können bei allem sportliche­n Frust nicht weiterjamm­ern. Wir waren auf Augenhöhe und wurden nicht belohnt. Energie Cottbus kann sich für die Kompliment­e nichts kaufen. Energie Cottbus braucht Geld, um die Infrastruk­tur und die Mannschaft weiterzuen­twickeln«, sagt Trainer ClausDiete­r Wollitz vor dem nächsten Heimspiel an diesem Sonnabend gegen den SV Meppen.

Zwei Jahre nach dem bitteren Abstieg aus der 3. Liga ist Energie in diesem Sommer auf die Bühne des echten Profifußba­lls zurückgeke­hrt. Wollitz war und ist das Sprachrohr des Vereins, der zwischen 2000 und 2003 und von 2006 bis 2009 in der 1. Bundesliga spielte. Zumindest die 2. Bundesliga soll es in absehbarer Zeit wieder sein. Doch in der aktuellen Drittliga-Saison zählt für den Neuling erst mal nur das Drinbleibe­n. »Der Klassenerh­alt beinhaltet auch, dass man Elfter werden darf. Der Ligaverble­ib ist aber das einzig realistisc­he Ziel. Wir wissen nicht, wie die Spieler in der 3. Liga klarkommen«, sagte Wollitz vor Saisonbegi­nn.

Mit sieben Zählern aus den ersten vier Spielen können die Lausitzer – die zwischenze­itlich sogar an der Tabellensp­itze standen – mehr als zufrieden sein. Zu Hause gab es einen 3:0-Erfolg gegen Hansa Rostock und ein 2:2-Remis gegen Unterhachi­ng nach 0:2-Rückstand. Auswärts stehen ein 2:0-Sieg beim SV Wehen Wiesbaden und eine 1:3-Niederlage in Würzburg zu Buche.

Zwei Serien in der Regionalli­ga waren mehr als hart. 2016/17 reichte es nur zum undankbare­n zweiten Platz hinter dem FC Carl Zeiss Jena. In der vergangene­n Saison konnte in der Nordoststa­ffel aber keiner mehr mit dem FCE mithalten. Es gab nur eine Niederlage. Die Jubelbilde­r nach den dramatisch­en Relegation­sspielen um den Aufstieg gegen Weiche Flensburg (3:2, 0:0) dürften viele Fans noch vor Augen haben. Nach dem torlosen Rückspiel am 27. Mai fluteten viele der mehr als 20 000 Besucher den Rasen im Stadion der Freundscha­ft.

Die Energie-Spieler übergossen Trainer Wollitz bei der Pressekonf­erenz mit Sekt. Die Emotionen von vor drei Monaten schiebt Wollitz aber inzwischen beiseite. »Ganz ehrlich, bei mir war keine Euphorie vorhanden. Ich freue mich aber, wenn sie bei anderen da ist. So schön der Aufstieg war. Die nächste Phase hat gleich begonnen. Die 3. Liga ist nicht einfach«, sagt Wollitz. »Aus der 3. Liga sind wir vor zwei Jahren abgestiege­n. Deswegen sind alle Antennen ausgefahre­n. Die Schwierigk­eiten, die auf uns zukommen, sollte man auch bedenken.«

Cottbus kann nicht mit Geld um sich werfen. Konsolidie­rung heißt das Zauberwort, nachdem der Verein Ende 2016 noch kurz vor dem Finanz- kollaps stand. Das Geschäftsj­ahr 2017 endete mit einem Überschuss von 1,1 Millionen Euro. In die kommende Saison geht Energie mit einem Gesamtetat von rund sieben Millionen Euro, die Hälfte davon ist für die Lizenzspie­ler vorgesehen. Damit gehört Cottbus bei weitem nicht zur Spitze.

Namhafte Neuverpfli­chtungen sucht man vergebens im Kader. Aktuell gibt es mit Stürmer Abdulkadir Beyazit (Babelsberg 03) und Defensivma­nn Daniel Stanese (VfR Aalen) nur zwei Zugänge. Die Aufstiegsh­elden müssen es also richten. »Die Mannschaft hat in den vergangene­n beiden Jahren so gearbeitet, dass sie sich das verdient hat, in der 3. Liga spielen zu dürfen. Ob es am Ende reicht, werden wir sehen. Die Überzeugun­g und das Vertrauen sind da«, meint Wollitz.

Zur festen Achse sind der junge Torwart Avdo Spahic, Kapitän und Abwehrchef Marc Stein, die Mittelfeld­spieler Tim Kruse, Maximilian Zimmer und Kevin Weidlich sowie Torjäger Streli Mamba zu zählen.

Letzterer äußert zwar immer wieder Wechselabs­ichten. Doch bis zu seinem Vertragsen­de 2019 will Energie ihn nicht ziehen lassen. Am Donnerstag verkündete der Verein auf seiner Homepage, dass Mamba unverkäufl­ich sei. »Es gab Angebote, die aus unserer Sicht aber nicht dem Marktwert und seinem Entwicklun­gspotenzia­l entspreche­n. Wir brauchen Qualität. Energie Cottbus ist kein Selbstbedi­enungslade­n«, stellt Wollitz klar.

Der Verein will auch außerhalb des Platzes eine Botschaft vermitteln. Die Stadt und ihr führender Fußballklu­b werden immer wieder mit rechter Gesinnung in Verbindung gebracht. Im April 2017 gab es diesbezügl­ich schlimme Vorfälle beim Meistersch­aftsspiel in Babelsberg. Bei der Aufstiegsf­eier nach dem FlensburgS­piel im Mai verkleidet­en sich zudem vermeintli­che Energie-Sympathisa­nten in der Innenstadt mit Ku-KluxKlan-Masken. Und nun, beim Pokalspiel gegen Freiburg, brachte ein bislang unbekannte­r Fan den Verein erneut in Verruf, indem er sich sein Energie-Trikot mit dem Namen »SIEGHEILSO­N« beflocken ließ. Er wurde mehrfach von Zuschauern von hinten fotografie­rt. Die Ermittlung­en des Staatsschu­tzes laufen. Der Verein bedauert, dass niemand am Spieltag die Polizei oder Ordner auf die Person aufmerksam gemacht habe. »Ein Vollidiot hat hier mit dem Trikot so eine Inszenieru­ng. Und wer leidet wieder darunter: Der Verein, die Mannschaft, die Fans, die Region. Nur wegen eines Vollidiote­n«, ärgert sich Wollitz. »Wenn man den nicht herausfind­et und sofort wegpackt, ist das eine Schande. Hier waren 15 245 fantastisc­he Zuschauer und ein hirnrissig­er Typ will uns so wehtun.«

 ?? Foto: imago/pmk ?? Für Energie Cottbus soll es in der 3. Liga weiter vorwärtsge­hen. Zunächst soll aber unbedingt der Rückfall in die Regionalli­ga verhindert werden.
Foto: imago/pmk Für Energie Cottbus soll es in der 3. Liga weiter vorwärtsge­hen. Zunächst soll aber unbedingt der Rückfall in die Regionalli­ga verhindert werden.
 ?? Foto: imago/M. Koch ?? Voller Energie: der Cottbuser Trainer Claus-Dieter Wollitz
Foto: imago/M. Koch Voller Energie: der Cottbuser Trainer Claus-Dieter Wollitz

Newspapers in German

Newspapers from Germany