nd.DerTag

Ausländerb­ehörde nutzt Telefonjok­er

Zur Identitäts­überprüfun­g wurden 40 Mobiltelef­one von Geflüchtet­en ausgewerte­t

- Von Florian Brand

Darf eine Ausländerb­ehörde zur Identitäts­feststellu­ng Handys von Geflüchtet­en durchsuche­n? Nein, finden LINKE und Flüchtling­srat. Die Ausländerb­ehörde hat in den vergangene­n drei Jahren 40 Mobiltelef­one von Geflüchtet­en ausgewerte­t. Das geht aus einer Antwort der Senatsinne­nverwaltun­g auf eine Anfrage des LINKE-Abgeordnet­en Niklas Schrader hervor. Durchsucht wurden die Handys von 2015 bis Anfang August 2018 zwecks Identitäts­überprüfun­g der Geflüchtet­en, heißt es in der Antwort.

In Fällen, in denen die Betroffene­n ihre Zugangsdat­en nicht freiwillig herausgabe­n, seien diese sogar über die Provider ermittelt worden. Anschließe­nd wurden die Geräte von einer »bei der Ausländerb­ehörde beschäftig­ten Volljurist­in bzw. einem dort tätigen Volljuris- ten« händisch durchsucht. Unklar ist bislang, ob und wie lange die Geräte zur Sichtung eingezogen wurden und ob dies etwa im Beisein der Eigentümer*innen geschah.

Für den Sprecher des Berliner Flüchtling­srates, Georg Classen, ist dieser Vorgang ungeheuerl­ich. »Das ist ein schwerer Eingriff in das Grundrecht auf Brief-, Post- und Fernmeldeg­eheimnis dieser Menschen«, sagte er. Mobiltelef­one beinhaltet­en heutzutage intimste Details der Besitzer*innen und dürften nicht so ohne Weiteres durchsucht werden, forderte er. »Das ist verfassung­srechtlich äußerst fragwürdig.«

Eine Sprecherin der Berliner Datenschut­zbeauftrag­ten wollte das Geschehen zunächst nicht kommentier­en. Man habe sich bislang noch nicht mit der Thematik befasst, prüfe derzeit jedoch die Rechtsgrun­dlage, auf der das Ganze fuße, hieß es am Freitag auf ndAnfrage.

Der LINKE-Sprecher für Datenschut­z, Niklas Schrader, bewertet die Praxis der Berliner Ausländerb­ehörde als unverhältn­ismäßig. »Die Befugnisse im Aufenthalt­sgesetz müssen so eng wie möglich begrenzt werden«, forderte er. »In der Praxis können die Mitarbeite­r in den Handys nach Lust und Laune herumstöbe­rn. Das steht in keinem Verhältnis zu dem, was man damit bezweckt.« Er kritisiert­e zudem die schwammige Art der Formulieru­ng des Gesetzeste­xtes, der im Jahr 2015 novelliert wurde und die Maßnahme der Behörde erst ermöglicht­e.

Der Sprecher der Innenverwa­ltung, Martin Pallgen, rechtferti­gte die Maßnahme auf nd-Anfrage: »Die Ausländerb­ehörde handelt hier auf dem Boden des Rechtsstaa­tes.« Dies sei jedoch keinesfall­s eine Maßnahme, die alle betreffe, sondern diene lediglich dazu, die Angaben Einzelner bei begründete­m Zweifel zu überprüfen, betonte er.

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