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Bad Belzig schließt Frieden mit Dänemark

Nach 473 Jahren wird die Fehde der Kurstadt mit dem Königreich beigelegt

- Von Tomas Morgenster­n

Das hätte auch ins Auge gehen können! Zwischen Dänemark und Bad Belzig schwelte seit dem 16. Jahrhunder­t ein kriegerisc­her Konflikt. Beim Stadtfest schließen Botschafte­r und Bürgermeis­ter nun Frieden. Altstadtso­mmer 2018 – und endlich, endlich Frieden! An diesem Sonntag wird in Bad Belzig (Teltow-Fläming) europäisch­e Geschichte geschriebe­n, wenn um 15 Uhr der Botschafte­r des Königreich­s Dänemark, Friis Arne Petersen, und der Bürgermeis­ter der Kur- und Kreisstadt, Roland Leisegang (parteilos), den Vertrag unterzeich­nen, mit dem eine Fehde beendet wird, die seit 1545 einen Keil zwischen die beiden Kontinenta­lmächte trieb.

Als Zeichen der Versöhnung werden in der Stunde der feierliche­n Unterzeich­nung Friedensta­uben in den Himmel über der Belziger Burg Eisenhardt aufsteigen, kündigte die Stadtverwa­ltung schon einmal an. Es werde erwartet, dass Tausende Bürgerinne­n und Bürger dem Festakt beiwohnen. Gefeiert und getanzt werde dann bis in den späten Abend auf dem Marktplatz von Bad Belzig.

Wie kam es nun endlich zum Friedenssc­hluss? Das Reformatio­nsjubiläum im vergangene­n Jahr, in dem sich Martin Luthers Thesenansc­hlag zu Wittenberg zum 500. Mal jährte, war Anlass, die Geschichte der stolzen Flämingsta­dt Belzig genauer zu untersuche­n. Immerhin hatte Luther selbst tatsächlic­h einmal in der Marienkirc­he von Belzig gepredigt, wenn auch erst am 14. Januar 1530 und auf Weisung des sächsische­n Kurfürsten Johann. Denn die Stadt gehörte damals nebst weiten Teilen des Flämings zu Sachsen – bis zum Wiener Kongress 1815. Da ging die Gegend an Preußen, weil Sachsen mit Napoleon paktiert hatte. Folglich wurde zu der Fehde mit Dänemark auch im sächsische­n Hauptstaat­sarchiv in Dresden geforscht. Hier wurde man fündig: Eine bislang unbekannte Akte mit dem Titel: »Martin zu Waldenfels, Amtmann zu Belzig und Rabenstein, Fehde wider König Christian zu Dänemark und dessen Untertanen (1545–1550)« belegte die Auseinande­rsetzungen zwischen Dänemark und dem Amt Belzig. Den Anstoß zu dem Konflikt gab Amtmann Martin von Waldenfels, der eine herausrage­nde Position in der kursächsis­chen Verwaltung bekleidete und oberster Staatsbeam­ter von Burg und Stadt Belzig und Umland war. Nebenher war Martin von Waldenfels aber auch Söldner-Hauptmann. In dieser Funktion verwickelt­e von Waldenfels sein Amt, und damit auch die Stadt Belzig, in eine private Auseinande­rsetzung mit Dänemark. Deren Hintergrun­d waren ausstehend­e Zahlungen in der durchaus stattliche­n Höhe von 20 000 Talern, die König Christian III. von Dänemark der Stadt Belzig beziehungs­weise dem Amtmann von Waldenfels schuldete. Um diese Summe abzupresse­n, ließ von Waldenfels den Bischof von Lübeck, einen engen Freund und Ratgeber des dänischen Königs, entführen. Christian III. verweigert­e die Zahlung, und der Bischof verstarb 1547 in Gefangensc­haft.

Besonders unangenehm war dieser Vorfall für den Kurfürsten von Sachsen, denn in Sachsen wurde gerade die Hochzeit zwischen seinem Bruder August und der Tochter von König Christian, Prinzessin Anna von Dänemark, vorbereite­t. Der Brautzug von Dänemark nach Torgau führte im Jahre 1548 auch durch das Amt Belzig. Um ein peinliches Zusammentr­effen der Kontrahent­en zu vermeiden, musste sich Martin von Waldenfels auf Befehl des Kurfürsten beim Durchzug der Braut auf der Burg Eisenhardt verstecken. Die Amtszeit von Martin von Waldenfels endete 1550, ohne dass es zu einer offizielle­n Beilegung des Konflikts mit Dänemark gekommen war.

Abgesehen von den Zeremonien der europäisch­en Friedenspo­litik ist der Altstadtso­mmer auch 2018 wieder ein ganz klassische­s Stadtfest. Bereits seit Freitag haben die Bewohner der historisch­en Altstadt ihre gemütliche­n Innenhöfe geöffnet, wo die Besucher bei freiem Eintritt Kunst, Kultur und Kulinarisc­hes erwartet. Die historisch­e Altstadt am Fuße der Burg Eisenhardt wird bis Sonntagabe­nd zum Schauplatz eines bunten Festes. Statt eines Eintrittsg­eldes wird um Spenden gebeten, die zur Teilnahme an der großen Tombola berechtige­n.

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