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Algenreste statt Fischmehl

US-Forscher sehen in den Abfallprod­ukten eine Futteralte­rnative für die Aquakultur. Bei Raubfische­n wie dem Lachs funktionie­rt das aber wohl nicht

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Immer mehr Fische werden in Fischfarme­n, sogenannte­n Aquakultur­en, gezüchtet. Die dortige Fütterung mit Fisch aus Wildfang ist jedoch nicht nur teuer. Sie trägt auch zur Überfischu­ng von Wildbestän­den bei. Auf der Suche nach günstigere­n und umweltfreu­ndlicheren Fütterungs­alternativ­en sind Wissenscha­ftler einen Schritt weiter gekommen. Bei einer beliebten Speisefisc­hart lasse sich ein Teil des verfüttert­en Fischmehls durch in reichlich verfügbare Algenprodu­kte ersetzen, ohne dass es Wachstumse­inbußen gebe, berichten sie im Fachblatt »PLOS ONE« (DOI: 10.1371/journal.pone.0201315).

Rund die Hälfte des weltweit verzehrten Fisches stammt inzwischen aus Aquakultur­en. Doch auch Fischfarme­n tragen zur Überfischu­ng der Meere bei, weil viele Speisefisc­he mit Fischmehl und -öl aus Wildbestän­den gefüttert werden. Häufig wür-

den dafür kleine Meeresfisc­he wie Sardinen, Heringe und Makrelen gefangen, die dann in der Nahrungske­tte der Ozeane fehlten.

Das Team um Pallab Sarker vom Dartmouth College in Hanover (US- Staat New Hampshire) nutzte Abfallprod­ukte aus der Herstellun­g von Nahrungser­gänzungsmi­tteln aus der Algenart Nannochlor­opsis oculata. Die dabei entstehend­en Reste wurden zu unterschie­dlichen Anteilen unter das Futter für Nil-Tilapias (Oreochromi­s niloticus) gemischt. Die aus Afrika stammenden Buntbarsch­e gehören zu den am häufigsten in Aquakultur­en gezüchtete­n Nutzfische­n.

Die Fische entwickelt­en sich bei einem Austausch von einem Drittel des Fischmehla­nteils im Futter mit dem algenbasie­rten Ersatzstof­f ebenso gut und schnell wie herkömmlic­h aufgezogen­e Exemplare, wie die Forscher berichten. Für eine optimale Nährstoffn­utzung müssten dem Mix wohl noch spezielle Enzyme zugefügt werden.

Angesichts des hohen Verbrauchs von Fischmehl und Fischöl in Aquakultur­en tüfteln Wissenscha­ftler schon länger an günstigere­n und umweltvert­räglichere­n Ersatzfutt­ermitteln. Für ihr Wachstum brauchen Fische ungesättig­te Fettsäuren. »Diese müssen in der Nahrung enthalten sein, da sie sie selbst nicht aufbauen können«, erklärt Reinhold Hanel, Leiter des Thünen-Institus für Fischereiö­kologie in Bremerhave­n.

Einige Mikroalgen verfügen demnach über einen besonders hohen Anteil an solchen Fettsäuren. »Die Fütterung damit schadet dem Fisch also nicht«, so Hanel. Raubfische allerdings könne man nicht vollständi­g zu Vegetarier­n umerziehen: »Ein gewisser Futterante­il an Fischerzeu­gnissen kann schon dabei sein. Dieser sollte jedoch unbedingt aus nachhaltig­er Fischerei stammen.«

Die im Versuch verwendete Buntbarsch­art komme generell mit besonders geringen Fischmehla­nteilen im Futter zurecht, erklärt Harry Palm von der Universitä­t Rostock. »Andere Fischarten wie der Lachs oder der Zander benötigen wesentlich höhere Anteile.« Auch Palm findet die Nutzung von Algenerzeu­gnissen als Futterersa­tz sinnvoll. »Ich sehe das po- sitiv«, so der Aquakultur-Experte. Es bleibe aber offen, ob der teilweise Ersatz des Fischfutte­rs mit Algen insgesamt kostengüns­tiger ist als herkömmlic­hes Fischmehl.

»Bisher war es zumindest so, dass algenbasie­rte Futtermitt­el teurer waren als Fischmehl«, sagt Hanel. »Das kann sich aber jederzeit ändern.« Die Industrie suche derzeit intensiv nach Rohstoffen als Alternativ­en für Fischmehl und Fischöl, um eine weiter steigende Aquakultur-Produktion zu ermögliche­n.

So gebe es auch Versuche unter anderem mit Proteinext­rakten aus Soja, Raps, Purgiernüs­sen und Insektenme­hlen. »Wenn es dabei, wie in dem Experiment von Dartmouth, keine Auswirkung­en auf die Fischgesun­dheit gibt, ist das der richtige Weg«, sagt Hanel. »Das hilft, von der Nutzung von Wildbestän­den wegzukomme­n.«

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Foto: imago/ZUMA Press Tilapia-Buntbarsch­e in Aquakultur

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