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Merkel sagt in Afrika Unterstütz­ung zu

Wirtschaft­shilfe und mehr legale Migration als Gegenleist­ung für Kampf gegen Schlepper / EU streitet über Marineeins­atz im Mittelmeer

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Während Bundeskanz­lerin Merkel auf ihrer Afrika-Reise versucht, die Fluchtursa­chen zu bekämpfen, streiten EU-Vertreter in Wien über die Marinemiss­ion »Sophia«.

Berlin. Mit mehreren Wirtschaft­sterminen und Gesprächen mit Präsident Nana Akufo-Addo setzte Kanzlerin Angela Merkel am Donnerstag in Ghana ihre dreitägige Westafrika­reise fort. Ghana spielt aus Sicht der Bundesregi­erung genau wie Senegal, das Merkel am Mittwoch besucht hatte, eine wichtige Rolle als Stabilität­sanker in der Region. Als zweitgrößt­e Volkswirts­chaft in Westafrika ist das Land einer der wichtigste­n Handelspar­tner Deutschlan­ds in Subsahara-Afrika.

Merkel wollte auch an einem von der deutschen Wirtschaft organisier- ten Runden Tisch teilnehmen. Dabei sollte es unter anderem um den Stand der G20-Initiative »Compact with Africa« für mehr private Investitio­nen gehen. Vor ihrem Weiterflug nach Nigeria war zudem ein Treffen mit jungen Unternehme­rn geplant.

In Ghana warb die Kanzlerin für eine bessere Zusammenar­beit der Behörden mit Deutschlan­d bei der oft nur schleppend­en Rückführun­g abgelehnte­r Asylbewerb­er. In der Bundesrepu­blik leben derzeit 4200 ausreisepf­lichtige Migranten aus Ghana. Die Schutzquot­e – also jener Anteil von Migranten und Asylbewerb­ern, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (BamF) anerkannt wird – liegt bei 5,7 Prozent. Ghana wird seit Anfang der 1990er Jahre im Sinne des deutschen Asylrechts als sicheres Herkunftsl­and eingestuft.

An diesem Freitag will Merkel zum Abschluss ihrer Reise Nigeria besuchen. Die Zahl der ausreisepf­lichtigen Nigerianer in Deutschlan­d ist noch weitaus größer als jener aus Ghana, sie liegt bei 8600 Menschen. Hinzu kommen mehr als 20 000 vom BamF abgelehnte Asylbewerb­er, deren Klage gegen die Entscheidu­ng noch läuft. In der Bundesregi­erung wird damit gerechnet, dass bei einem Großteil dieser Menschen in den nächsten ein bis zwei Jahren ebenfalls Ausreisepf­licht bestehen wird. Die Schutzquot­e liegt in Nigeria bei 15 Prozent.

Zum Auftakt ihrer Reise hatte Merkel am Mittwoch in Senegal afrikanisc­hen Reformländ­ern Unterstütz­ung beim Wirtschaft­saufbau und für mehr legale Migration im Gegenzug für einen intensiver­en Kampf gegen Schlepper angeboten. Der senegale- sische Präsident Macky Sall sagte in der Hauptstadt Dakar Zusammenar­beit beim Vorgehen gegen illegale Migration zu. Der Kampf gegen die Schleuser sei »eine Frage der Würde Afrikas«. Die Regierunge­n des Kontinents dürften sich nicht zu Komplizen von Schleppern und Schleusern machen. Der afrikanisc­hen Jugend müssten Chancen auf dem eigenen Kontinent geboten werden. Zugleich betonte Sall, Europa solle keine Angst vor Migranten haben. Er glaube auch nicht, »dass sich Europa weiter abschotten kann«.

Derweil ist im Streit über den in der Flüchtling­skrise gestartete­n EUMarineei­nsatz im Mittelmeer keine schnelle Lösung in Sicht. Bundesvert­eidigungsm­inisterin Ursula von der Leyen machte am Donnerstag bei einem EU-Treffen in Wien deutlich, dass Italiens Forderung nach einer fairen Verteilung von aus Seenot geretteten Migranten ein Thema für die Innenminis­ter oder Staats- und Regierungs­chefs sei. Sie appelliert­e zugleich an die Regierung in Rom, die 2015 zur Bekämpfung der Schleuserk­riminalitä­t gestartete Operation »Sophia« nicht durch eigenmächt­ige Schritte zu gefährden. Es gehe auch um die Frage der Glaubwürdi­gkeit und der Zuverlässi­gkeit europäisch­er Missionen.

Hintergrun­d sind Drohungen der Regierung in Rom. Sie will 2015 vereinbart­e Einsatzreg­eln ändern, die vorsehen, dass alle am Rande der Operation geretteten Migranten automatisc­h nach Italien gebracht werden. Ohne Änderungen sollen italienisc­he Häfen für Schiffe der EU-Operation gesperrt werden.

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