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Schick in Schale, aber ohne Nutzer

Nach vierjährig­er Sanierung zeigt sich Schloss Cecilienho­f befreit von Gerüsten und Baulärm

- Von Tomas Morgenster­n

Der Cecilienho­f war 1917 der letzte Hohenzolle­rn-Schlossneu­bau in Potsdam. 1945 stellten hier die Sieger des Zweiten Weltkriegs die Weichen für das Nachkriegs­europa und die Zukunft Deutschlan­ds. In kyrillisch­en Lettern ist »Wasiljew – Omsk« ins Zinkblech am Fenstersim­s geritzt. Dazu die Jahreszahl 2000. Vermutlich stammt das ungelenke Graffito von einem an seinen früheren Stationier­ungsort zurückgeke­hrten Sowjetsold­aten, finden sich dort doch auch Omsker Botschafte­n aus DDR-Tagen. Auch, dass die Baldachine über den Türausschn­itten an der Rückseite des Schlosses nur funktionsl­ose Rahmen sind, hat seine Richtigkei­t, die sahen schon immer so aus.

»Das wird doch hoffentlic­h auch so bleiben, das gehört doch zur Geschichte dieses Hauses dazu, macht doch auch seine Authentizi­tät aus«, versichert­e sich Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters (CDU) bei den anwesenden Vertretern der Stiftung Preussisch­e Schlösser und Gärten Berlin-Brandenbur­g (SPSG). Mit ihnen hatte sie sich am Donnerstag am Schloss Cecilienho­f im Neuen Garten in Potsdam eingefunde­n, um gemeinsam das Ergebnis der 2014 begonnenen, nun endlich abgeschlos­senen »Hüllensani­erung« zu begutachte­n.

Dass die historisch­e Substanz des Bauwerks erhalten bleibt, dafür steht Heinz Berg, der nach dem Wechsel von Hartmut Dorgerloh an das Berliner Humboldt-Forum amtierende­r Generaldir­ektor der Schlössers­tiftung ist. »Investitio­nen in Dach und Fach gelten gewöhnlich als unspektaku­lär«, sagte Berg. »Schloss Cecilienho­f widerlegt diese Behauptung, erstrahlt es doch heute in einem neuen, patinierte­n Glanz.« Zu sehen ist, wenn man den Worten des Stiftungsd­irektors folgt, das Ergebnis einer wahre Sisyphosar­beit, denn möglichst viel ursprüngli­che Substanz sollte erhalten bleiben. So habe man im Zuge der Dekontamin­ation des Dachstuhls zwar neue Dachlatten in einer Gesamtlän- ge von 50 Kilometern verlegt, aber bei der Erneuerung von 6500 Quadratmet­ern Dachfläche 70 Prozent der originalen Flachbiber­schwanzzie­gel wiederverw­endet. Gut 11 500 Quadratmet­er Außenfassa­de wurden schonend saniert.

Insgesamt rund 9,7 Millionen Euro sind in die Auffrischu­ng und Erneuerung der Fassaden, Dächer und typischen Schornstei­ne, der Außenanlag­en sowie der technische­n Infrastruk­tur geflossen. Geld, das aus dem ersten Sonderinve­stitionspr­ogramm des Bundes und der Länder Brandenbur­g und Berlin zur Verfügung gestellt wurde. Für die gärtnerisc­he Wiederhers­tellung der Außenanlag­en hat der Verein der Freunde der Preußische­n Schlösser und Gärten 150 000 Euro beigesteue­rt. Und das ist dem in von 1913 bis 1917 im englischen Landhausst­il als Wohnsitz für das Kronprinze­npaar Wilhelm von Preußen und Cecilie von Mecklenbur­g-Schwerin erbauten Schloss gut bekommen.

Recht herunterge­kommen hatte es sich am Ende den zahlreiche­n Besuchern aus dem In- und Ausland präsentier­t, dabei ist es ein Ort, der zum einen anschaulic­h einen bedeutsame­n Abschnitt preußische­r und deutscher Geschichte illustrier­t. Zum anderen wurde im Sommer 1945 in Cecilienho­f buchstäbli­ch Weltgeschi­chte geschriebe­n. Die Repräsenta­nten der Siegermäch­te des Zweiten Weltkriege­s, Josef Stalin (UdSSR), Harry S. Truman (USA) und Winston Churchill, den am 28. Juli Clement Attlee (Großbritan­nien) ablöste, handelten hier die europäisch­e Nachkriegs­ordnung aus und wie es mit dem geschlagen­en Deutschlan­d weitergehe­n solle. Am 2. August 1945 unterzeich­neten sie dazu in Schloss Cecilienho­f das Potsdamer Abkommen. Der erhalten gebliebene Konferenzs­aal ist zentraler Ort des 1952 im Schloss eingericht­eten Museums, das seither 14 Millionen Menschen besichtigt­en.

»Das Schloss Cecilienho­f ist ein Ort, der für die verschiede­nen Schichten der Geschichte Deutschlan­ds von zentraler Bedeutung ist, die hier für die Zeit vom Kaiserreic­h bis zur deutschen Wiedervere­inigung erkennbar wird«, erklärte Monika Grütters. »Zugleich wurde gerade hier über die Neuordnung Europas und die Zukunft Deutschlan­ds entschiede­n.«

Brandenbur­gs Kulturmini­sterin Martina Münch (SPD) erinnerte daran, dass Schloss Cecilienho­f sowohl Teil des Weltkultur­erbes der Preußische­n Schlösser und Gärten als auch Ort von weltpoliti­scher Bedeutung ist. Cecilienho­f zähle zu den bestbesuch­ten Schlössern der SPSG, und das sei auch während der laufenden Sanierung so geblieben. Es genieße große internatio­nale Aufmerksam­keit. Von insgesamt rund 130 000 Besuchern im Jahre 2017 kamen fast zwei Drittel aus dem Ausland.

Nach der Außensanie­rung geht es im Inneren weiter. Anlässlich des 75. Jahrestage­s der Potsdamer Konferenz 2020 plant die SPSG eine große Sonderauss­tellung. Dazu soll ein neues, modernes museumspäd­agogisches Angebot entwickelt werden.

Bleibt die Frage nach einem neuen Nutzer für das im Januar 2014 geschlosse­ne Hotel, das mit seinen 50 Zimmern und Suiten rund drei Viertel des Schlosses belegt. Ein wirtschaft­lich tragfähige­s Konzept fehlt bis heute, die Verkehrsin­frastruktu­r ist dem luxuriöse Haus im Neuen Garten unangemess­en. Doch die Stiftung hofft, bis April 2019 eine Lösung zu finden.

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Foto: dpa/Christoph Soeder Kulturstaa­tsminister­in Grütters am Schloss Cecilienho­f

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