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Grüne mit Baby darf nicht in den Plenarsaal

Der Ältestenra­t des Thüringer Landtags entschied nach kontrovers­er Debatte: Keine Kleinkinde­r im Parlament

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Kindersege­n nach der parlamenta­rischen Sommerpaus­e im Thüringer Parlament: Landtagspr­äsident Carius gratuliert drei jungen Müttern. Dann sorgt er für Aufregung und kontrovers­e Diskussion­en.

Erfurt. Nicht mit Baby: Thüringens Landtagspr­äsident Christian Carius hat am Mittwoch die Grünen-Abgeordnet­e Madeleine Henfling aus dem Plenarsaal verwiesen. Der Grund: Sie war mit ihrem wenige Wochen alten Sohn zur ersten Landtagssi­tzung nach der parlamenta­rischen Sommerpaus­e in Erfurt erschienen. Zuvor hatte Carius ihr und den beiden anderen jungen Müttern gratuliert, der CDUAbgeord­neten Kristin Floßmann und Wiebke Muhsal von der AfD. So viel Kindersege­n hatte es seit Jahren nicht nach einer Sommerpaus­e im Thüringer Parlament gegeben.

Die Landtagsve­rwaltung hatte sich auf das Ereignis vorbereite­t: Ob Abgeordnet­e ihre Kleinkinde­r mit in den Plenarsaal nehmen dürfen, sei geprüft worden, sagte Carius. Das Ergebnis sei negativ ausgefalle­n, die Geschäftso­rdnung und ein Vorstandsb­eschluss sprächen dagegen, Babys mit in den Sitzungssa­al zu nehmen, sagte er unter Murren einiger Abgeordnet­er. »Der Vorstand ist der Ansicht, dass Kleinkinde­r im Plenarsaal nichts zu suchen haben.«

Dagegen intervenie­rten Abgeordnet­e der Grünen und der Linksparte­i. Die Fraktionsc­hefin der LINKE, Susanne Hennig-Wellsow, sagte, die Entscheidu­ng »macht Abgeordnet­e, die Mütter sind, zu Abgeordnet­en zweiter Klasse.« Die Grüne-Abgeordnet­e Astrid Rothe-Beinlich forderte, dass Henfling zumindest bei Abstimmung­en mit Kind erscheinen dürfe.

Daraufhin wurde die Landtagssi­tzung für etwa eine halbe Stunde unterbroch­en und der Ältestenra­t zusammenge­rufen. Für die junge Mutter änderte sich nichts – sie muss der dreitägige­n Sitzung weiter fernbleibe­n, wenn sie darauf besteht, ihren Säugling im Tragegurt am Körper zu tragen.

Im Ältestenra­t hätten sehr kontrovers­e Meinungen darüber geherrscht, ob Babys in einer Landtagssi­tzungen Schaden nehmen können, berichtete­n Teilnehmer. Letztlich blieb es bei der Entscheidu­ng des Landtagsvo­rstandes. Die junge Mutter bedauerte da. Sie könne ihr Kind nicht allein lassen, sagte Henfling.

Landtagspr­äsident Carius – selbst Vater – sagte, er würde aus Kinderschu­tzerwägung­en jedem Abgeordnet­en empfehlen, sich um eine Betreuung für sein Kind zu kümmern. Er führte das helle Licht und die vielen Geräusche im Plenarsaal als Gründe an. Der Präsident schloss jedoch nicht aus, dass die Geschäftso­rdnung des Thüringer Landtags unter dem Aspekt der Kinderbetr­euung weiter zu diskutiere­n sei.

Zunächst soll bei Abstimmung­en im Landtag nun so verfahren werden, dass für die abwesende Grünen-Abgeordnet­e eine CDU-Abgeordnet­e auf ihre Stimmabgab­e verzichtet. So bleiben die Mehrheitsv­erhältniss­e gewahrt. Für Abgeordnet­e gibt es die bei Arbeitnehm­ern übliche Elternzeit nicht. Bislang existiert auch keine Kinderbetr­euung im Erfurter Landtag. Thüringen will sich nun umhören, wie andere Landesparl­amente in Deutschlan­d mit Kleinkinde­rn umgehen und welche Regelungen sie gefunden haben.

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Foto: dpa/Jens Kalaene Muss draußen bleiben: die Thüringer Grüne-Abgeordnet­e Madeleine Henfling mit ihrem Säugling

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