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Notorische­s Scheitern

Red Bull Salzburg verpasst zum elften Mal die Champions League – mal wieder auf den allerletzt­en Metern

- Von Oliver Kern

Viele Millionen hat Red Bull in den zwölfmalig­en Fußballmei­ster aus Österreich gesteckt. Fürs große Ziel hat es nie gereicht. Dabei war RB Salzburg schon oft ganz nah dran. 2018 fehlte mal wieder nur ein Tor. »Naaa, i mog nimma!«, dürfte es manchem Salzburger Fußballfan am Mittwochab­end über die Lippen gekommen sein, als die einst selbst ernannten Champions-League-Jäger einmal mehr die Qualifikat­ion für Europas Königslass­e verpasst hatten. Brausehers­teller Red Bull hatte 2005 Austria Salzburg übernommen und dem Verein den eigenen Namen verpasst. Das Ziel ging aber von Anfang an über die Landesgren­zen hinaus. RB Salzburg sollte Champions League spielen – koste es, was es wolle! Doch nun endete auch der elfte Versuch in einer Schmach. Die Historie des Scheiterns.

In der ersten Saison nach dem Einstieg von Red Bull erreichten die Salzburger »nur« die Vizemeiste­rschaft, durften aber dennoch 2006 an der Qualifikat­ion für die Königsklas­se teilnehmen, da der AC Florenz wegen manipulier­ter Spiele ausgeschlo­ssen wurde. Als Trainer wurde Giovanni Trapattoni verpflicht­et, ihm zur Seite stand Lothar Matthäus. Doch Salzburg scheiterte am FC Valencia in der dritten Qualifikat­ionsrunde. Ein eigenes Tor in der Nachspielz­eit hätte gereicht, doch das schoss dann David Silva für die Spanier.

Immerhin: In der folgenden Saison wurde der österreich­ische Meistertit­el gefeiert – und Matthäus entlassen. Auch das half aber nichts, RB schied erneut in der letzten Qualirunde aus. Diesmal war Schachtar Donezk besser, auch ein mit viel Geld gepudertes Legionärst­eam. Nach dem Hinspiel und fünf Minuten des Rückspiels führten die Österreich­er noch mit zwei Toren, bevor die Ukrainer dann noch drei selbst erzielten.

Den Trainerpos­ten übernahm dann Huub Stevens. Ebenfalls aus der deutschen Bundesliga kommend, feierte der Belgier ähnliche Erfolge wie Trapattoni: er schied 2009 in der Qualifikat­ion zur Champions League aus, auch in der letzten Runde, allerdings gegen Maccabi Haifa. Kein besonders starker Gegner, doch Hinund Rückspiel gingen verloren. So langsam lief es nicht mehr nach Plan. Israelisch­e Gegner lagen den Österreich­ern so gar nicht, denn schon ein Jahr später hieß Hapoel Tel Aviv der RB-Bezwinger – in der letzten noch zu überstehen­den Qualifikat­ionsrunde. Wieder schoss der Gegner in der Nachspielz­eit jenes Tor, das auf der anderen Seite gefehlt hatte. Das durfte man dann schon ein Muster an Beständigk­eit nennen.

Im Jahr 2011 verabschie­dete sich der Klub offiziell vom unbedingte­n Ziel des Erreichens der Champions League. Schwesterv­erein RB Leipzig spielte mittlerwei­le in der nordostdeu­tschen Regionalli­ga und schien schon da die größeren Chancen auf die Königsklas­se zu haben. 2012 verpflicht­ete Salzburg immerhin noch Trainer Roger Schmidt. Der hatte zwar noch keine Bundesliga­erfahrung, kam aber auch aus Deutschlan­d. Zusätzlich wurde Ralf Rangnick als Sportdirek­tor (für Salzburg und Leipzig zuständig) angestellt. Und das brachte doch tatsächlic­h eine Änderung: RB Salzburg schied noch früher aus, in der zweiten Qualifikat­ionsrunde gegen die luxemburgi­schen Halbprofis von F91 Düdelingen. RB drehte zwar mit zwei Toren das Rückspiel in den letzten zehn Mi-

nuten, doch am Ende fehlte wieder eins. Der Tiefpunkt war erreicht.

Ein Jahr später ging es merklich bergauf. Das Quali-Aus kam erst wieder in der 3. Runde – diesmal gegen Fenerbahçe Istanbul. Auch gegen die Türken lag man nach 100 Gesamtminu­ten vorn, kassierte dann aber noch drei Treffer. Mit Adi Hütter durfte ab 2014 endlich mal ein Österreich­er als Trainer ran, doch – man ahnt es – auf Stufe drei war Schwedens Meister Malmö FF besser. Für den schoss übrigens Emil Forsberg ein wichtiges Tor, ein halbes Jahr danach wechselte er zu RB Leipzig. 2015 scheiterte Salzburg am selben Gegner nach einem 2:0-Hinspielsi­eg.

Seit damals ist Red Bull offiziell nicht mehr Eigentümer, sondern nur noch Hauptspons­or. Ein notwendige­r Schritt, da sonst RB Leipzig wohl nicht Champions League hätte spielen dürfen. Das schafften die Sachsen übrigens 2017, gerade als Salzburg gegen NK Rijeka ausgeschie­den und im Jahr zuvor (in den abschließe­nden Playoffs) an Dinamo Zagreb gescheiter­t war. Zwei späte Gegentreff­er in Hin- und Rückspiel, dazu einer in der Verlängeru­ng. Gegen Kroaten läuft es offenbar auch nie so gut.

Was uns in den August 2018 bringt: Nach drei Halbzeiten gegen Roter Stern Belgrad steht es 2:0 für die Salzburger, doch binnen 70 Sekunden kassieren sie zwei Treffer – Pleite Nummer elf, zum dritten Mal wegen der Auswärtsto­rregel. »In der Kabine sitzen Leute, die nicht auf dem Platz standen und trotzdem weinen«, berichtet Trainer Marco Rose, während Sportdirek­tor Christoph Freund schon weiß, was er sich nun ein weiteres Jahr lang anhören muss: »Natürlich sind wir wieder die Blöden, wie in den vergangene­n Jahren.«

 ?? Foto: imago/Ulmer ?? Im Jahr 2006 verpasste der Thüringer Alexander Zickler (r.) mit Salzburg den Einzug in die Champions League in zwei Spielen gegen Valencia mit David Navarro. Seitdem hat es Red Bull weitere zehn Male vergeblich versucht.
Foto: imago/Ulmer Im Jahr 2006 verpasste der Thüringer Alexander Zickler (r.) mit Salzburg den Einzug in die Champions League in zwei Spielen gegen Valencia mit David Navarro. Seitdem hat es Red Bull weitere zehn Male vergeblich versucht.

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