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Keine Turnbull-Figur für Sydney

Madame Tussauds spart sich künftig das Wachs für australisc­he Regierungs­chefs

- Von Barbara Barkhausen, Sydney

Madame Tussauds hat die Nase voll: Nachdem Australien nun den fünften Premier in nur fünf Jahren bekam, wird sich die berühmte Sammlung künftig das Wachs für sämtliche australisc­hen Politiker sparen. Eine Wachsfigur für eine der berühmten Sammlungen Madame Tussauds herzustell­en, ist ein aufwendige­r Prozess. Drei bis vier Monate wird an einer Figur gearbeitet – rund 250 000 Euro ist sie am Ende wert. Um ein so exaktes Abbild wie nur möglich zu schaffen, braucht es mehr als 500 exakte Messungen an Kopf und Körper des Prominente­n, mehr als 150 Fotos aus den unterschie­dlichsten Blickwinke­ln werden geschossen.

Am Ende haben bis zu zehn unterschie­dliche Künstler an einer Skulptur gearbeitet – so auch an der Figur des bisherigen australisc­hen Premiermin­isters Malcolm Turnbull. Seine Statue hätte am 24. Oktober, an Turnbulls 64. Geburtstag, enthüllt werden sollen.

Doch Australien­s Politik erwies sich als zu sprunghaft für die penible Arbeit der Wachskünst­ler. Denn nach einer mehrtägige­n Regierungs­krise stand Malcolm Turnbull am vergangene­n Freitag plötzlich vor dem politische­n Aus. In einer parteiinte­rnen Abstimmung wurde der bisherige Schatzmeis­ter Scott Morrison zum neuen Premiermin­ister gewählt – der fünfte Regierungs­chef in nur fünf Jahren –, und Turnbull verschwand von der politische­n Bildfläche mit einem Donnerknal­l, der um die Welt ging.

Madame Tussauds’ Sydney Museum ließ die Arbeit an der Turnbull-Statue daraufhin noch am Freitag einstellen. »Malcolm Turnbull wäre die nächste Figur gewesen, die die Bühne in unserem Zimmer der Regierungs­chefs betreten hätte, aber angesichts Turnbulls Parteirevo­lte haben wir dem Studioteam geraten, die Arbeit zu stoppen und das Wachs zu sparen«, sagte Mark Connolly, der Geschäftsf­ührer der Ausstellun­g. Es sei nicht das erste Mal, dass das Wachsmuseu­m die Produktion einer Politiker-Statue auf Eis hätte legen müssen. Auch die Arbeit an den früheren Premiermin­istern Kevin Rudd und Tony Abbott musste aufgrund politische­r Turbulenze­n frühzeitig eingestell­t werden. Auch Rudd und Abbott wurden dank parteiinte­rner Coups aus ihren Ämtern gedrängt.

Nach eigenen Aussagen hat das Museum in Sydney das Vertrauen in die australisc­he Politik nun endgültig verloren und will künftig keine Regierungs­chefs mehr aus Wachs nachbilden. »Aufgrund der hohen Anzahl von Premiermin­istern können wir uns nicht vorstellen, noch einmal einen amtierende­n australisc­hen Premiermin­ister zu bauen«, betonte Mark Connolly. »Wir möchten sicherstel­len, dass der ›Worlds Leaders-Raum‹ im Madame Tussauds Sydney für unsere lokalen und internatio­nalen Gäste aktuell und relevant bleibt und nicht ein Raum voller pensionier­ter Premiermin­ister ist.« Er hoffe, dass ihnen das keiner übelnehme.

Die einzige australisc­he Politikeri­n, die derzeit noch die Bühne des Museums ziert, ist die ehemalige sozialdemo­kratische Premiermin­isterin Julia Gillard. Sie wurde zwar ebenfalls in einer Parteirevo­lte abgesetzt, doch als erste und bisher einzige Frau an der Regierungs­spitze Australien­s habe sie sich ihren Platz in der Sammlung verdient, findet das Museum.

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Fotos: Madame Tussauds Ex-Premiermin­ister Malcolm Turnbulls Figur wird nun nicht mehr vollendet.
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Julia Gillard in Wachs

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