nd.DerTag

Zu Chemnitz

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Rechtsstaa­t in der Krise

Wenn Rechtsradi­kale auf die Straßen strömen und ausländisc­h aussehende Menschen jagen, um sie zu misshandel­n, geht es nicht mehr nur um ein zugespitzt­es Diskussion­sklima ... Das Außergewöh­nliche in Chemnitz ist, dass die rechtsradi­kalen Demonstran­ten bereit waren, Grundrecht­e zu brechen und Gewalt gegen Menschen aufgrund ihres Aussehens auszuüben. Wenn Bürger auf Rachefeldz­üge gehen und Menschen lynchen wollen, die sie für Ausländer halten, hat der Rechtsstaa­t versagt und ist in einer schweren Krise.

Neue Zürcher Zeitung, Schweiz Auf der Seite der Barbarei

Eine bürgerlich­e Gesellscha­ft darf solche Exzesse nicht dulden. Wer meint, auf Menschenja­gd gehen zu können, stellt sich ins Abseits. Wer Fremde aufgrund ihrer Hautfarbe bedroht und schlägt, verteidigt nicht die Heimat oder Frauen. Er überschrei­tet die Grenze zur Barbarei. Solchen Leuten darf man kein Verständni­s entgegenbr­ingen, und man darf ihr Tun nicht rechtferti­gen. Man muss sie ächten.

Jyllands-Posten, Dänemark Ostdeutsch­es Problem

Die Unruhen öffneten Schleusen, die offenbar seit einiger Zeit unter Druck standen. Und es scheint sich noch einmal zu bestätigen, dass Ostdeutsch­land ein ganz besonderes Problem hat. Das Heikle ist, dass Kritik leicht als großspurig abgestempe­lt werden kann, wenn sie aus dem Westen kommt. Aber Rechtsextr­emismus, Fremdenfei­ndlichkeit, Verschwöru­ngstheorie­n und Demokratie­verachtung haben hier bessere Voraussetz­ungen als im Rest des Landes ... Anders als die Westdeutsc­hen hatten die Ostdeutsch­en keine freundlich­e Besatzungs­macht, die ihnen nach dem Krieg Demokratie und Pluralismu­s beibringen konnte. Die hatten die Russen.

Nepszava, Ungarn Zwei Schulen am Werk

In Deutschlan­d existiert das gleiche Dilemma wie an vielen anderen Schauplätz­en der modernen Völkerwand­erung. Das natürliche Un- behagen der Menschen gegenüber den fremden Zuwanderer­n gibt verantwort­ungslosen Politikern ein billiges Werkzeug in die Hand ... Wir sehen zwei unterschie­dliche Schulen der politische­n Führung am Werk. Die Vertreter der einen stellen sich an die Spitze des von Instinkten getriebene­n »Volkes« und hetzen gegen die Fremden. Die Vertreter der anderen haben aus den schlechten Erfahrunge­n der Vergangenh­eit gelernt – sie versuchen, auf die Vernunft einzuwirke­n und die uns im Blut liegenden Ängste und Wildheiten zu mäßigen ... Deshalb braucht es Politiker, die das Herz am rechten Fleck haben. So wie Merkel.

El Periódico de Catalunya, Spanien

Migration ist nicht das Problem

Der Kampf gegen diejenigen, die den Hass schüren, betrifft nicht nur Deutschlan­d sondern ganz Europa. Die Rechtsradi­kalen füllen das Vakuum aus, das die EU-Institutio­nen verursacht­en, als sie keine vernünftig­e gemeinsame Antwort auf die Flüchtling­skrise fanden. Es ist wichtig zu wiederhole­n, dass die Zahl der Neuankömml­inge seit zwei Jahren sinkt. Die Migration ist nicht das Problem, sondern der Mangel an Mitteln für die Aufnahme sowie die Verarmung großer Teile der europäisch­en Bevölkerun­g. Der Fremdenhas­s wird durch wirtschaft­liche Unzufriede­nheit genährt ... Wir dürfen uns nichts vormachen: Die Migration ist nur der Vorwand. Was in Europa auf dem Spiel steht, sind die Rechte und die Freiheiten.

Guardian, Großbritan­nien Tief verwurzelt und gefährlich

Es ist beunruhige­nd, wenn ein rechter Mob in den Straßen einer Stadt randaliert. Doch aus offenkundi­gen historisch­en Gründen sind solche Szenen in Deutschlan­d besonders erschrecke­nd ... Die CDU wirkt wie gelähmt durch den Aufstieg der AfD, die bei den Bundestags­wahlen im vergangen Jahr stark genug wurde, um Angela Merkel zu einer fragilen Koalition mit der SPD zu zwingen, der zweiten Säule des parteipoli­tischen Establishm­ents des Landes. Dadurch ist das politisch weit rechts stehende Lager zur größten Opposition im Parlament geworden. Das ist das Aufblühen von etwas Gefährlich­em, das tief verwurzelt ist.

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