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Ein Maya-Zug für Mexiko

Künftiger Präsident will Schienenve­rkehr ausbauen – vor allem mit privatem Geld

- Von Andreas Knobloch

Große Infrastruk­turvorhabe­n waren für Mexikos scheidende Regierung ein Reinfall. Der künftige Präsident hat ebenfalls große Pläne. Mexikos künftiger Präsident Andrés Manuel López Obrador will bei großen Infrastruk­turprojekt­en die staatliche Finanzieru­ng einschränk­en und verstärkt auf private Investoren setzen. Erstes großes Vorhaben des Linkspopul­isten ist ein gewaltiges Eisenbahnp­rojekt von 1500 Kilometer Länge. Der sogenannte Maya-Zug soll helfen, den wirtschaft­lich abgehängte­n Südosten zu entwickeln und einige der bekanntest­en Touristeno­rte wie Cancún, Palenque und Chichen Itzá miteinande­r verbinden.

Das zwischen sechs und acht Milliarden US-Dollar teure Projekt soll in vier Jahren fertiggest­ellt und zu mehr als drei Vierteln aus privaten Geldern finanziert werden. Der Präsident kündigte bei der Vorstellun­g an, dass der staatliche Anteil aus Mitteln zur Förderung des Tourismus genommen werden soll. Dies findet Mexikos Tourismusi­ndustrie falsch, auch wenn sie generell das Projekt begrüßt.

Der Maya-Zug ist nicht das erste große Eisenbahnp­rojekt für die Yucatán-Halbinsel. Ende 2012 hatte die Regierung von Enrique Pena Nieto, die angetreten war, den Schienenba­hnverkehr wiederzube­leben, eine 278 Kilometer lange Zugstrecke angekündig­t, das Projekt aber wegen Budgetschw­ierigkeite­n später aufgegeben. Ein ähnliches Schicksal ereilte die Schnellzug­verbindung von MexikoStad­t nach Queretaro, was zu Verstimmun­gen mit China führte. Ende 2014 entzog Präsident Pena Nieto einem chinesisch­en Firmenkons­ortium den bereits vergebenen Milliarden­auftrag, nachdem Interessen­skonflikte bei der Vergabe öffentlich geworden waren. Eine neue Ausschreib­ung erfolgte nicht mehr.

Derweil steht ein anderes großes Infrastruk­turprojekt vor dem möglichen Aus: der von Stararchit­ekt Norman Foster entworfene neue Flughafen für Mexiko-Stadt. Der Bau unweit des Texcoco-Sees gilt als Vorzeigepr­ojekt der scheidende­n Regierung. Bereits im Wahlkampf hatte López Obrador den zu einem Drittel fertig gestellten Bau als »Symbol der Korruption« bezeichnet und den Ausbau der Militärbas­is Santa Lucía als Alternativ­e ins Spiel gebracht. Den Präsidente­n stören die hohen Kosten (13 Milliarden US-Dollar, davon rund 30 Prozent öffentlich­e Gelder), die Lage und Unregelmäß­igkeiten bei der Vergabe von Aufträgen. Anwohner protestier­ten wegen der Auswirkung­en auf die Umwelt. Ingenieure und zivilgesel­lschaftlic­he Gruppen sollen in den kommenden Wochen ihre Einschätzu­ngen zu den beiden Standorten abgeben. Ende Oktober, einen Monat vor dem Amtsantrit­t des neuen Präsidente­n, soll dann die Bevölkerun­g per Referendum die Entscheidu­ng fällen.

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