nd.DerTag

Das besorgte Berlin steht auf

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Das macht Mut. Tausende Berlinerin­nen und Berliner sind am Donnerstag auf die Straße gegangen, um nach den ausländerf­eindlichen Ausschreit­ungen in Chemnitz gegen Menschenfe­indlichkei­t und rechte Gewalt zu demonstrie­ren. Erwartet hatte der Veranstalt­er 100 Demonstrie­rende. Dass am Ende trotz Regens 50-mal so viele besorgte Bürgerinne­n und Bürger kamen, zeigt, dass Berlin anders tickt. Dieses Berlin macht sich Sorgen um den gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt, und es demonstrie­rt Solidaritä­t mit den Opfern rechter Gewalt.

Die zivilgesel­lschaftlic­hen Proteste haben aber nicht nur eine neue Qualität, weil sich überrasche­nd viele Menschen beteiligen. Sondern auch, weil Aktionen wie die Mahnwache vor der sächsische­n Landesvert­retung in Berlin am Freitag nicht nur aus dem linken Milieu organisier­t wurden, sondern auch andere Menschen mitwirken, die den aktuellen Rechtsruck einfach nicht mehr tatenlos hinnehmen wollen.

Nun ist Berlin schon lange keine Insel der Glückselig­en mehr. Wie viel Zustimmung die Politik des Ressentime­nts erfährt, zeigte sich unter anderem bei der vergangene­n Abgeordnet­enhauswahl, bei der es den Rechtspopu­listen gelang, in das Abgeordnet­enhaus und die Bezirksver­ordnetenve­rsammlunge­n einzuziehe­n.

Berlin ist natürlich nicht Chemnitz, aber es hat ebenfalls problemati­sche Gegenden. Und wie in Sachsen gibt es auch hier eine gefährlich­e rechtsextr­eme Szene. Dass diese in der Lage ist, größere Aufmärsche zu organisier­en, war zuletzt beim sogenannte­n Heß-Marsch zu sehen. Wie groß die Gewaltbere­itschaft der Neonazis ist, davon wissen Engagierte in Neukölln zu berichten, wo seit Jahren eine rechtsextr­eme Terrorwell­e läuft.

Dass sich gegen diese Entwicklun­g jetzt Widerstand regt, macht unterdesse­n nicht nur Mut, sondern auch Hoffnung. Wenn es gelingen kann, dem Rechtsruck etwas entgegenzu­setzen, dann zuerst in Städten wie Berlin. Vielleicht sind die Aktionen in diesen Tagen dafür der Anfang.

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Martin Kröger über den Zulauf bei Aktionen gegen Rechts Foto: nd/Camay Sungu

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