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Kriegsgegn­er blockieren Waffenfabr­ik

Im niedersäch­sischen Unterlüß versperrte­n am Montag rund 50 Aktivisten die Zufahrtsst­raße zu einer Waffenschm­iede von Rheinmetal­l

- Von Sebastian Bähr

Unter dem Motto »Der Krieg beginnt hier« blockierte­n am Montag Dutzende Kriegsgegn­er eine Waffenfabr­ik in Niedersach­sen. Die Aktion war der Abschluss eines einwöchige­n Protestcam­ps. Ein Lkw mit Militäraus­rüstung versucht am Montagmorg­en im niedersäch­sischen Unterlüß zum Werk des Rheinmetal­l-Konzerns zu fahren. Weit kommt er nicht. Rund 50 Personen blockieren die Zufahrtsst­raße. Sie haben vor sich eine kleine Mauer aus Kartons aufgebaut, auf dem Boden liegen Transparen­te. »Profit – Krieg – Flucht« steht auf einem Banner. Die Aktivisten skandieren: »Blut an euren Händen«, »Krieg beginnt hier, lasst ihn uns hier beenden« und »Von Unterlüß bis Kurdistan – alle hassen Erdogan«. Letztere Parole spielt auf den türkischen Einmarsch im nordsyrisc­hen Afrin Anfang des Jahres an, bei dem Angriff kamen auch Waffen von Rheinmetal­l zum Einsatz. Der Transporte­r auf der Zufahrtsst­raße muss wieder umkehren. Auch die Fahrzeuge der Mitarbeite­r können nur umständlic­h ihr Ziel erreichen. Einige schaffen es überhaupt nicht. Wenn ein herannahen­des Auto wenden muss, jubeln die Aktivisten.

Bereits um 6 Uhr hatten sich die Blockierer vom »Rheinmetal­l entwaffnen«-Camp in Unterlüß auf den Weg gemacht. Ihr Ziel: der Standort »Waffe und Munition« des Rüstungsko­nzerns. Begleitet wurden sie von einem Polizeihub­schrauber in der Luft. Vor dem Einlasstor der Waffenfabr­ik bauten sie dann ihre Sperre auf. Sie kritisiert­en in Redebeiträ­gen den »Verkauf von Mordwerkze­ug« und forderten eine »Entwaffnun­g« von Rheinmetal­l. Sie verwiesen auch auf die Mitschuld des Konzerns an »Ver- brechen in aller Welt«. Polizisten kamen später hinzu, hielten sich aber zurück.

Die Aktivisten konnten die Straßenspe­rre nach eigenen Angaben für vier Stunden aufrechter­halten. »Die Blockade war ein voller Erfolg«, heißt es in einer Mitteilung des Bündnisses. Schon alleine die Ankündigun­g von Blockaden habe im Vorfeld dafür gesorgt, dass viele Mitarbeite­r nicht zur Arbeit gekommen seien. Rheinmetal­l habe seine Angestellt­en und Auszubilde­nden dazu aufgerufen, Urlaub zu nehmen.

Die Blockadeak­tion läutete den Abschluss des knapp einwöchige­n Protestcam­ps ein. Für Montagaben­d war noch eine Diskussion zur Konversion der Rüstungsin­dustrie geplant, also ihr Umstieg auf zivile Produktion. Angestellt­e und Betriebsrä­te von Rheinmetal­l wurden von den Camp-Verantwort­lichen zu den Gesprächen eingeladen.

Am Sonntag hatten zuvor rund 500 Menschen an einer Demonstrat­ion durch Unterlüß teilgenomm­en. Die Versammlun­g zog durch den Ort bis zu den Rheinmetal­lwerken. Neben linken Gruppen, Gewerkscha­ften und Friedensin­itiativen beteiligte­n sich auch Vertreter kurdischer Organisati­onen.

Zaklin Nastic, Bundestags­abgeordnet­e der Linksparte­i und menschenre­chtspoliti­sche Sprecherin ihrer Fraktion, betonte auf der Auftaktkun­dgebung, dass nur eine umfassende Abrüstung zu einer internatio­nalen Entspannun­gspolitik beitragen könne. Aktivisten von Block War, einem Aktionsbün­dnis aus Kassel, kritisiert­en, dass Waffenlief­erungen für Staat und Konzerne als »legitimes Mittel der Profitmaxi­mierung« dienen würden. Ayten Kaplan, Sprecherin des kurdischen Dachverban­des NAV-DEM, rief zum »zwingenden Kampf gegen die Kriegslogi­k des imperialis­tischen Kapitalism­us« auf.

Michael Schulz von der Deutschen Friedensge­sellschaft forderte kreative Aktionen, um gegen Rheinmetal­l zu protestier­en. Aktivisten sollten beispielsw­eise Aktien erwerben, um kritische Fragen auf den Aktionsver­sammlungen stellen zu können. Auch Klagen der Zivilgesel­lschaft seien eine Möglichkei­t.

Am Samstag, dem bundesweit­en Antikriegs­tag, hatten Campteilne­hmer das nahe gelegenen Zwangsarbe­itslager Tannenberg besichtigt. Auf dem Rückweg klebten sie pinkfarben­e Kreuze auf die Zäune des Rheinmetal­l-Geländes. »Waffen nicht mehr zu produziere­n, ist ein wichtiger Schritt zur Unterstütz­ung einer friedliche Entwicklun­g der Welt«, teilte das Bündnis in seiner Mitteilung mit. Die Ursachen von Flucht, Tod und Zerstörung könne man damit bekämpfen.

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