nd.DerTag

Die Mär vom Fachkräfte­mangel

- Marie Frank über den aktuellen DGB-Ausbildung­sreport

Wenn man Unternehme­rn so zuhört, könnte man meinen, dass Jugendlich­e heutzutage keinerlei Interesse an einer qualifizie­rten Berufsausb­ildung haben. Kein Wunder also, dass es hierzuland­e viel zu wenige Fachkräfte gibt, könnte man meinen. Ganz so einfach ist es jedoch nicht. Die Nachfrage nach Ausbildung­splätzen steigt und das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage ist nahezu deckungsgl­eich. Trotzdem blieben 2017 fast 50 000 Stellen unbesetzt. Doch wenn es nicht an Bewerbern mangelt, was ist dann das Problem?

Das Problem sind die Unternehme­n selbst. Sie bieten teils miserable Arbeitsbed­ingungen an und ignorieren gesetzlich­e Regelungen, indem sie selbst Minderjähr­igen permanent Überstunde­n abverlange­n, die selbstvers­tändlich auch nach Feierabend noch für ihren Chef erreichbar sein müssen. Azubis werden als billige Arbeitskrä­fte ausgebeute­t, wo sie doch eigentlich etwas lernen sollen. Trotzdem wird von den Bewerbern verlangt, dass sie mindestens mit einem Abitur aufwarten und am besten sowieso schon alles können.

Nun kann man Unternehme­rn nicht vorwerfen, unternehme­risch zu denken. Es ist die Aufgabe des Staates, über gesetzlich­e Regelungen adäquate Entlohnung und Ausbildung­sbedingung­en zu gewährleis­ten. Was man ihnen jedoch vorwerfen kann: dass sie uns tagtäglich die Mär vom Fachkräfte­mangel auftischen, wo sie doch selbst schuld an ihrer Misere sind.

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