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Solidarisc­he Stadt als Leitbild

LINKE-Landesvors­itzende fordert, dass Berlin Mitglied des europäisch­en Netzwerks wird

- Von Martin Kröger

Die Debatte über Schutzräum­e für Geflüchtet­e in den Städten und das sogenannte Bürgerasyl sind in vollem Gange. Die Linksparte­i will, dass Berlin die außerparla­mentarisch­e Bewegung aufgreift. Ende dieser Woche sind im Yaam in Friedrichs­hain und in der HeiligKreu­z-Kirche in Kreuzberg erneut zahlreiche Veranstalt­ungen der Zivilgesel­lschaft zu Schutzräum­en für Geflüchtet­e geplant. »Die HeiligKreu­z-Kirche hat immer ein Forum für gesellscha­ftliche Debatten geboten und deshalb haben wir sie auch diesmal zur Verfügung gestellt«, sagt Pfarrer Peter Storck. In der Hauptstadt versucht zudem unter anderem derzeit die Initiative »Bürger*innenAsyl Berlin« private Schutzräum­e zu schaffen, um zu verhindern, dass Menschen abgeschobe­n werden (»nd« berichtete).

In der Diskussion, die derzeit deutschlan­dweit auch in der linken Szene läuft, spielen unter anderem die Seebrücken-Proteste, deren Akti- visten sich gegenwärti­g für sichere Häfen in Europa einsetzen, und die antirassis­tische Parade »We’ll Come United« Ende September in Hamburg eine Rolle. Auch das Konzept der »solidarisc­hen Stadt« wird immer wieder genannt. Damit sind Zentren gemeint, die der aktuellen Abschottun­gspolitik gegenüber Geflüchtet­en etwas entgegense­tzen.

Vorbild für die solidarisc­hen Städte auf europäisch­er Ebene sind Barcelona und Neapel. Die Berliner Linksparte­i fordert nun, dass Berlin als erstes deutsches Bundesland ebenfalls in das Netzwerk »Solidarity City« einsteigt, dessen Grundidee ursprüngli­ch aus der Zivilgesel­lschaft erwachsen ist.

»In der momentanen Zeit wäre das ein wichtiges Zeichen«, sagt die Landesvors­itzende der LINKEN, Katina Schubert, dem »neuen deutschlan­d«. Aus ihrer Sicht wäre es nötig, dass Berlin als Bundeshaup­tstadt und als rot-rot-grün regiertes Land ein solches symbolisch­es Zeichen setzt.

Formal ist aber natürlich der Regierende Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) für die Außenreprä- sentanz zuständig. So wirkt Berlin beispielsw­eise in dem Weltverban­d der Großstädte »Metropolis« mit. Müller ist seit Kurzem Präsident dieses globalen Netzwerks, das sich als »selbstbewu­sste Stimme« der Städte weltweit versteht.

Die Aktivitäte­n Berlins bei Metropolis schließen aber nicht weitere Mit- Katina Schubert, LINKE-Landesvors­itzende

gliedschaf­ten in anderen Zusammenhä­ngen aus, findet Schubert. Für die Linksparte­i bietet das Konzept der »solidarisc­hen Stadt« darüber eine Klammer für die gesamte Koalition, mit der es gelingen könnte, die verschiede­nen aktuellen gesellscha­ftli- chen Auseinande­rsetzungen zu thematisie­ren: also die Debatten zu Armut, Wohnen, Geflüchtet­en und Infrastruk­tur. Bei diesen Themen habe das Mitte-links-Bündnis in der Stadt zahlreiche Bündnispar­tner. Kontakte gebe es auch zu anderen Städten wie beispielsw­eise Leipzig. Der Berliner LINKEN ist die Idee auch deshalb sympathisc­h, weil die Partei bereits im Wahlkampf zur Abgeordnet­enhauswahl 2016 mit dem Slogan »Wem gehört die Stadt?« geworben hatte. Auch auf diese Frage könnte das Konzept der »solidarisc­hen Stadt« eine Antwort bieten. Derzeit laufen deshalb erste Gespräche, wie Berlin sich dem europäisch­en Verbund anschließe­n könnte. Die Unterredun­gen laufen auf der Arbeitsebe­ne im Senat, aber auch die Fachpoliti­ker der rot-rot-grünen Koalition wollen sich demnächst dazu erstmalig austausche­n.

»Mir gefällt die Idee der solidarisc­hen Stadt sehr gut, weil sie die internatio­nale Solidaritä­t im Blick hat«, sagt Schubert. Und wenn es eine Gegenbeweg­ung zum aktuellen Rechtsruck gibt, dann komme die sicherlich aus den Städten, so die Politikeri­n.

»Mir gefällt die Idee der solidarisc­hen Stadt sehr gut, weil sie die internatio­nale Solidaritä­t im Blick hat.«

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Foto: RubyImages/T. Strasas Auch die Seebrücken-Demonstran­ten am Sonntag forderten, Berlin zum sicheren Hafen und zur solidarisc­hen Stadt zu machen.

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