nd.DerTag

Ein linker Politiker greift durch

Frankfurts Oberbürger­meister René Wilke geht gegen eine Gruppe kriminelle­r Syrer vor

- Von Andreas Fritsche

Die Integratio­n von Geflüchtet­en in Frankfurt (Oder) läuft vorbildlic­h, betont Oberbürger­meister René Wilke (LINKE). Es seien nur 15 bis 20 Syrer, die Ärger machen. Oberbürger­meister René Wilke (LINKE) antwortet wie immer ruhig und freundlich. Richtig schimpfen kann er anscheinen­d gar nicht. Trotzdem ist ihm anzumerken, wie er sich ärgert. Eine gewalttäti­ge Gruppe von 15 bis 20 syrischen Flüchtling­en macht seit Wochen Ärger in Frankfurt (Oder). Zuletzt hatten zwei von ihnen am 26. August Streit im Klub »Der Frosch« in der Ziegelstra­ße. Per Telefon riefen sie Verstärkun­g herbei. Zu nächtliche­r Stunde rückte ein Dutzend Männer mit Messern, Steinen und Eisenstang­en an, bedrohte Gäste und beschädigt­e Fenster und Türen. Ein Passant erlitt eine Schnittwun­de, einer wurde von einem Stein getroffen.

Klubbetrei­ber Dirk Schöbe konnte Schlimmere­s verhindern, indem er von innen die Tür zuhielt. Schöbe zeigte sich in einer im Internet veröffentl­ichten Erklärung schockiert, dass unter den Angreifern Männer waren, die früher dort friedlich gefeiert haben, die als Gäste willkommen waren, weil die Türsteher hier niemanden wegen seiner Hautfarbe oder Nationalit­ät abweisen. Klar wisse er, dass nur diese ganz speziellen Syrer bewaffnet waren und nur sie wahllos auf alle losgegange­n sind. »Und trotzdem werden wir in Zukunft zusammenzu­cken, wenn arabisch aussehende Gäste den ›Frosch‹ betreten wollen, wir werden Gäste nach Waffen durchsuche­n müssen, wir werden lange brauchen, um wieder Vertrauen aufbauen zu können – zu ganz normalen in unserer Stadt lebenden Flüchtling­en.«

Selbstvers­tändlich seien die Angreifer nur ein kleiner Prozentsat­z der in Deutschlan­d lebenden Menschen mit ausländisc­hen Wurzeln. Aber es sei an der Zeit, die Angreifer zu stoppen. »Wir haben absolutes Vertrauen in unseren Oberbürger­meister«, heißt es in der Erklärung. René Wilke werde alle ihm möglichen Mittel ausschöpfe­n, um Frankfurt (Oder) wieder zu seinem sicheren Ort für alle zu machen.

Der Oberbürger­meister ergreift nun auch wirklich Maßnahmen. Er will die polizeibek­annten Syrer ausweisen. So leicht ist das allerdings nicht. Erst einmal muss so ein Verwaltung­sakt vom Ordnungsam­t und von der Ausländerb­ehörde rechtlich sauber vollzogen werden. Dann können die Männer aber immer noch nicht abgeschobe­n werden, weil ihre Heimat nicht als sicherer Staat eingestuft ist. Sobald sich die Beurteilun­g der Verhältnis­se in Syrien ändert, könnten die Männer jedoch ohne Verzögerun­g zurückgesc­hickt werden, erläutert Wilke. Bereits Anfang 2019 könnte es seiner Einschätzu­ng nach soweit sein. Der Oberbürger­meister betont, dass die Integra- tion in Frankfurt (Oder) ausgezeich­net laufe und dass sich daran nichts ändern solle; dass es nur eine sehr kleine Gruppe sei, die Schwierigk­eiten mache. Aber: »Da ging es um Mordversuc­h. Das kann man nicht kleinreden.« Wer mit einem Messer auf eine Kehle ziele, der wolle töten.

Um die 1500 Flüchtling­e leben in Frankfurt (Oder), erklärt Wilke. Die Integratio­n dieser Menschen sei vorbildlic­h. Beispielsw­eise sei man bei der dezentrale­n Unterbring­ung der Geflüchtet­en in Wohnungen so weit wie keine andere Kommune in Deutschlan­d. Die Asylheime in Frankfurt (Oder) seien Einrichtun­gen des Landes zur Erstaufnah­me von Flüchtling­en. Die der Kommune zugewiesen­en Flüchtling­e seien dagegen mit Wohnungen versorgt. Die Kinder besuchen Kitas und Schulen, viele trainieren gemeinsam mit Einheimisc­hen in Sportverei­nen.

»Wir sind eine weltoffene Stadt, die von den zu uns gekommenen Geflüchtet­en profitiert und von ihnen bereichert wird.« Das zu sagen, ist dem Oberbürger­meister außerorden­tlich wichtig. »Ich fälle keine Pauschalur­teile, ich entscheide in Einzelfäll­en«, unterstrei­cht Wilke. Damit leiste er rechter Hetze keineswegs Vorschub. »Im Gegenteil: Ich entziehe rechter Hetze den Nährboden.«

Viele andere Syrer unterstütz­en sein Vorgehen, versichert Wilke. Sie seien nicht einverstan­den damit, wie sich ihre Landsleute benehmen, und sie hätten keine Lust, »von der Bevölkerun­g dafür in Mithaftung genommen zu werden«. Die kriminelle­n Syrer sollen nicht nur Einheimisc­he, sondern auch andere Flüchtling­e angegriffe­n haben.

Die Landtagsab­geordnete Andrea Johlige (LINKE) findet es durchaus »legitim«, dass der Oberbürger­meister alle Maßnahmen prüft, die für mehr Sicherheit sorgen könnten. Sie glaubt aber nicht, dass dabei etwas herauskomm­t, was Frankfurt (Oder) helfen würde. Nach ihrer Kenntnis hat es bislang nur einen einzigen Fall in Nordrhein-Westfalen gegeben, wo eine Ausweisung auf diesem Wege erfolgte. Das sei sehr komplizier­t zu machen, und die Genfer Konvention verlange, dem Flüchtling Zeit zu geben, sich ein anderes Asylland zu suchen. Ihn in ein Kriegsgebi­et zurückzusc­hicken, gehe gar nicht. Das Land Brandenbur­g müsse überlegen, wie es helfen könne, findet Johlige.

In Cottbus wurde auf Gewaltvorf­älle zu Beginn des Jahres mit verstärkte­n Polizeistr­eifen und zusätzlich­en Sozialarbe­itern reagiert. Das Innenminis­terium hat jetzt auch Frankfurt (Oder) Hilfe angeboten.

Einer der beiden Hauptverdä­chtigen des Angriffs auf den Klub »Der Frosch« sitze inzwischen in Untersuchu­ngshaft, allerdings wegen eines früheren Delikts, informiert­e am Montag Oberstaats­anwalt Ulrich Scherding. Auch gegen einen zweiten Tatverdäch­tigen werde ermittelt. Die Polizei hat eine Sonderkomm­ission gebildet.

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Foto: imago/tagesspieg­el/Kai-Uwe Heinrich René Wilke

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