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Einmal »Kulturwerk« und zurück

Sachsen-Anhalt: LINKE mahnt Land zu mehr Engagement für Theater und Orchester

- Von Hendrik Lasch, Magdeburg

In Sachsen-Anhalt wird über die Landeszusc­hüsse für die Theater und Orchester verhandelt. Eine Auskunft der Landesregi­erung auf eine Anfrage lässt die LINKE nach mehr Geld vom Land rufen. Es war, das ist inzwischen klar, eine Schnapside­e. 2014 wurde das Theater Eisleben degradiert: Aus der Landesbühn­e, die im Mansfeld eine lange Tradition hatte, wurde das »Kulturwerk«, in dem das Schauspiel nur noch schmückend­es Beiwerk war. Der einzige Grund: Sachsen-Anhalt wollte Geld sparen. Das Land reduzierte seine Zuschüsse allein für dieses Theater von 1,27 auf 0,4 Millionen Euro. Vier Jahre später nun räumt die Regierung ein, der Umbau sei »im Kern nicht gelungen«. So steht es in ihrer Antwort auf eine Große Anfrage der opposition­ellen LINKEN zu Theatern und Orchestern im Land. Das Haus in Eisleben firmiert heute wieder als »Theater«.

Nun müsse die Landesregi­erung – eine Koalition auch CDU, SPD und Grünen – auch in finanziell­er Hinsicht die Konsequenz aus der gescheiter­ten Umwandlung ziehen, sagt Stefan Gebhardt, kulturpoli­tischer Sprecher der LINKEN im Landtag. In diesem Jahr handeln das Land und die kommunalen Träger neue Verträge aus, in denen die Zuschüs- se für die Jahre 2019 bis 2023 geregelt werden. Es ist zu hören, dass ein moderater Zuschlag von fünf Prozent geplant ist. In Eisleben wie auch bei den 2014 ebenfalls stark gebeutelte­n Theatern in Halle und Dessau dürfe aber nicht vom niedrigen Niveau nach den Kürzungen ausgegange­n werden, betont Gebhardt. Vielmehr müsse das Land die damals gekürzten sieben Millionen Euro wieder lockermach­en. Er merkt an, die Kommunen hätten manches damals gerissene Loch gestopft: »Damit sind sie jetzt aber am Ende.«

Es gab Zeiten, da teilten sich Land und kommunale Träger annähernd zu gleichen Teilen in die Kosten für die Theater und Orchester. Heute ist das selbst auf dem Papier nur noch beim Theater der Altmark in Stendal sowie dem Nordharzer Städtebund­theater in Halberstad­t und Quedlinbur­g der Fall. In Magdeburg übernimmt das Land selbst laut den 2014 ausgehande­lten Verträgen nur noch 38 Prozent, in Dessau 40, in Halle 31,5 und in Eisleben gar nur noch 16 Prozent der Kosten; den Rest sollen die Kommunen tragen.

Tatsächlic­h greifen diese aber vielfach noch tiefer in die eigene Kasse, um etwa Teuerungen und höhere Tarife aufzufange­n. Für Magdeburg ist ein städtische­r Zuschuss von 16,5 Millionen Euro vereinbart – die Stadt gibt aber fast drei Millionen mehr, um den Betrieb am Laufen zu halten. In Halle beläuft sich der städtische Zuschuss für die Theater- und Orchester GmbH auf 22,9 statt ausgehande­lter 20,5 Millionen. »Das lässt sich auf Dauer nicht durchhalte­n«, sagt Gebhardt. Er drängt das Land zu stärkerem Engagement. Die Regierung versichert in ihrer Antwort immerhin, man wolle »keine weiteren strukturel­len Einschnitt­e« in dem Bereich zulassen. Zugleich wird aber angemerkt, die The- ater und Orchester seien schon jetzt »die Kulturspar­te mit der höchsten Förderung«. Das hat indes nicht an allen Häusern dafür gesorgt, dass Flächentar­if gezahlt wird. Drei Theater und Orchester halten an Haustarife­n fest – obwohl diese laut Landesregi­erung »künstleris­ch problemati­sch, sozial ungerecht und organisato­risch schwierig« seien.

Derzeit gibt es in Sachsen-Anhalt sieben Theater, davon vier, an denen Schauspiel, Musiktheat­er und Ballett geboten werden. In Magdeburg, Halle und Dessau gibt es zudem Puppenspie­l. Die Theater in der Altmark und in Eisleben bieten nur Schauspiel, Naumburg hat Schau- und Puppenspie­l im Repertoire. Dazu kommen zwei eigenständ­ige Orchester in Wernigerod­e und Schönebeck. Eine Schließung gab es zuletzt 2002, als in Wittenberg trotz starker Proteste aus der Bürgerscha­ft das »Mitteldeut­sche Landesthea­ter« dicht gemacht wurde. 2010 verlor zudem das Kinder- und Jugendthea­ter »Thalia« Halle seine Eigenständ­igkeit.

Die anderen Häuser behaupten sich – und das sehr gut: In der Saison 2016/17 verkauften sie in Summe 732 885 Karten – in einem Bundesland mit zu dieser Zeit 2,24 Millionen Einwohnern. Die Auslastung der Häuser lag zwischen 69 und 82 Prozent und war gegenüber der Zeit um 2010 teils deutlich gestiegen – im Theater der Altmark um elf Prozent.

Ein Grund dafür ist nach Einschätzu­ng von Gebhardt das erfolgreic­he Werben um ein junges Publikum, wozu die Arbeit von Theaterpäd­agogen beigetrage­n habe. Diese wurde zuletzt teilweise im Rahmen eines Modellproj­ekts vom Land gefördert. Die 30 Stellen in den festen Häusern sowie Maßnahmen an freien Theatern stehen aber jetzt infrage: Trotz einer positiven Bewertung durch Experten sieht das Land im neuen Haushalt keine Mittel für das Projekt mehr vor. Dabei, sagt Gebhardt, wäre das »für die notwendige Verjüngung des Publikums sehr nützlich«.

Nur bei zwei der neun Theater und Orchester deckt der Zuschuss des Landes noch die Hälfte der Kosten.

 ?? Fotos: dpa/Jens Wolf; Jan Woitas ?? Immer wieder protestier­ten Mitarbeite­r der Landesbühn­e Sachsen-Anhalt Lutherstad­t Eisleben gegen Einsparung­en (l.). Auch seit Jahren in Bedrängnis: das Anhaltisch­e Theater in Dessau-Roßlau (r.)
Fotos: dpa/Jens Wolf; Jan Woitas Immer wieder protestier­ten Mitarbeite­r der Landesbühn­e Sachsen-Anhalt Lutherstad­t Eisleben gegen Einsparung­en (l.). Auch seit Jahren in Bedrängnis: das Anhaltisch­e Theater in Dessau-Roßlau (r.)
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