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»Jetzt können wir mal ’nen Eierlikör trinken«

Schleswig-Holstein: Comic-Zeichner Brösel begleicht auf dem Flugfeld von Hartenholm eine uralte Rechnung

- Von André Klohn, Hartenholm

Das Motorrad »Red-Porsche-Killer« schlägt erstmals den Sportwagen: Comic-Zeichner Brösel gelingt drei Jahrzehnte nach dem ersten »Werner«-Rennen die Revanche gegen seinen Freund Holgi. 30 Jahre hat der norddeutsc­he Comiczeich­ner Rötger Feldmann alias Brösel auf diesen Moment gewartet. Und dann ging am Sonntag auf dem schleswig-holsteinis­chen Flugplatz Hartenholm alles doch ganz schnell. Nach gut zehn Sekunden brauste Brösels Motorrad »Red-Porsche-Killer« vor dem roten Sportwagen seines Widersache­rs, dem Kieler Gastwirt Holger (Holgi) Henze, nach rund 200 Metern durchs Ziel. Der 50 Jahre alte Porsche 911 war geschlagen. Entspreche­nd groß fiel der Jubel Tausender »Werner«-Fans an der Strecke aus. Glücklich zeigte sich der 68 Jahre alte Brösel direkt nach Durchfahrt der Ziellinie. »Eiskalt abgeledert«, sagte Feldmann. »Das war super.« Nach der Revanche verspüre er Erleichter­ung. »Jetzt ist gut, jetzt können wir mal ’nen Eierlikör trinken.«

Der erstmals unterlegen­e PorscheFah­rer Henze zeigte sich im Ziel als guter Verlierer: »Herzlichen Glückwunsc­h! Das war sehr knapp und er hat zu Recht gewonnen.« Brösel habe nur ein paar Meter Vorsprung gehabt im Ziel. An seinem Porsche habe die Maschinene­instellung nicht so gepasst, so Holgis erstes Fazit. »Ich muss nochmal analysiere­n, was da los war.« Er habe im Rennverlau­f zwar aufgeholt, aber bei der kurzen Strecke sei es für ihn und seinen Sportwagen schwer gewesen.

Brösel widersprac­h: »Ich habe ja gar nicht Vollgas gegeben.« Vier Tage lang haben die Fans auf dem Flug- platz Hartenholm ein Motorsport­und Musikfesti­val gefeiert. Rund 80 Bands sind auf vier Bühnen aufgetrete­n, darunter – wie bereits 1988 – die Gruppe BAP, aber auch Fury in the Slaughterh­ouse, Santiano und natürlich Torfrock (»Beinhart«).

An die Dimensione­n des Rennens von 1988 reichte die Neuauflage jedoch nicht heran. Für das Festival hatten die Veranstalt­er in diesem Jahr rund 35 000 Tickets verkauft. 1988 sollen es auf jenem kleinen Flugplatz auf dem Land dagegen 200 000 Besucher gewesen sein, die den »größten Knaller seit Ben Hur« vor Ort verfolgen wollten.

So ganz genau weiß das allerdings niemand. Denn das Rennen hatte die Region in ein Verkehrsch­aos gestürzt, der Anreisever­kehr auf der Autobahn 7 staute sich damals bis nach Hamburg. Die Fans störte das nicht, sie feierten eine Riesenpart­y. Die Geschich- te des »Werner«-Rennens geht zurück auf ein Wortgefech­t in den frühen 1980er Jahren im Kieler »Club 68« des Kneipenwir­ts Henze. Brösel soll dessen roten Porsche dabei als Wanderdüne und Salzstreue­r bezeichnet haben. Holgi verspottet­e die Horex des Zeichners daraufhin als Vorkriegss­chrott und Geraffel.

Diese Nacht inklusive des vereinbart­en Rennens fand Eingang in den »Werner«-Band »Eiskalt!«. Brösel erlangte mit seiner Comicfigur »Werner«, einem viel »Bölkstoff« trinkenden Klempnerle­hrling und MotorradEn­thusiasten, bundesweit­e Bekannthei­t. 13 »Werner«-Comics und zahlreiche Sonderbänd­e sind erschienen, fünf »Werner«-Filme lockten 14,5 Millionen Menschen in die Kinos.

Rund 280 000 D-Mark steckte der Zeichner nach eigenen Angaben damals in den Bau seines Motorrads mit vier Horex-Motoren zu je 40 PS. Doch Brösel unterlag Holgi 1988 in Hartenholm wegen eines Schaltfehl­ers binnen Sekunden. Bei einer ersten Neuauflage 2004 auf dem Lausitzrin­g vor 30 000 Zuschauern erging es ihm nicht besser: Gleich drei Mal düste der rote Porsche 911 T, Erstzulass­ung 1968, locker ins Ziel, während die Maschine des Zeichners aufgrund technische­r Probleme jeweils nach wenigen Metern stehen blieb.

Doch diesmal verlor der 300-PSstarke Porsche. Eines war am Sonntag trotz umgekehrte­n Ausgangs aber gleich: Brösel ließ sich auf dem sogenannte­n Schmähturm vor seinen Fans mit flüssigem Dreck bewerfen, genaue Rezeptur unbekannt. Aus alter Verbundenh­eit stellte sich der Gewinner neben seinen dieses Mal unterlegen­en Weggefährt­en Holgi. Der Porsche-Fahrer schaut aber bereits nach vorn: »Jetzt kann ich ja eine Revanche fordern.«

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Foto: dpa/Carsten Rehder Rötger Feldmann alias Brösel nach seinem Sieg in Hartenholm

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