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Selbst Roger Federer wird alt

Der Schweizer Tennisstar verliert überrasche­nd früh bei den US Open. Dabei macht ihm die Hitze mindestens so viel zu schaffen wie sein Gegner

- Von Cai-Simon Preuten, New York SID/nd

Roger Federer hat in New York eine der bittersten Niederlage­n seit Jahren kassiert. Das Achtelfina­laus erinnert daran, dass seine Karriere endlich und der Schlussakt nicht mehr weit entfernt ist. Als Roger Federer um kurz vor zwei Uhr am frühen Dienstagmo­rgen versuchte, sein Leiden in Worte zu fassen, sah er nicht wie ein Mann aus, der noch kurz zuvor an seine körperlich­en Grenzen gestoßen war. Die extremen Strapazen der heißen Nacht in New York City, die ihn kurz zuvor auf dem Platz nach Luft hatten ringen lassen, waren wie von Zauberhand aus seinem Gesicht verschwund­en.

Beim Schweizer blieb vor allem Enttäuschu­ng zurück – und bei seinen Zuhörern die Erkenntnis, dass die Zeit auch vor dem wundersame­n Federer nicht halt macht. »Es war eine der Nächte, in denen man kaum Luft bekommt. Damit hatte ich heute Probleme, warum auch immer. Das ist mir selten zuvor passiert«, sagte der 37-Jährige, nachdem er dreieinhal­b Stunden gegen das Aus im Achtelfina­le der US Open und gegen seine eigene Schwäche angekämpft hatte.

Doch letztlich war das Leiden vergeblich: Gegen den Australier John Millman, als Weltrangli­sten-55. der krasse Außenseite­r, verlor Federer mit 6:3, 5:7, 6:7, 6:7. Dabei unterliefe­n dem 20-maligen Grand-SlamGewinn­er ungewöhnli­ch viele Fehler, während ihm der Schweiß von der Haut tropfte. Auch Novak Djokovic, der auf seinen Dauerrival­en Federer als Viertelfin­algegner wartete, dürfte sich vor dem Fernseher verwundert die Augen gerieben haben.

Dass Federer bei zwei Satzbällen zur 2:0-Satzführun­g dennoch auf dem Weg in die nächste Runde war, zeugt von seiner Qualität. Da allerdings nicht einmal die Hälfte seiner ersten Aufschläge das Ziel fand und Millman von Minute zu Minute mutiger wurde, war die Niederlage ir- gendwann nicht mehr abzuwenden – was Millman beinahe schon peinlich war. »Roger ist mein Held. Er hatte nicht seinen besten Tag, und wahrschein­lich war das notwendig, um ihn heute zu schlagen.«

Auch der 29-Jährige hatte Probleme mit den Bedingunge­n, dabei kommt Millman aus Brisbane, »einer der feuchteste­n Orte der Welt«, wie Federer feststellt­e. Bei fast 30 Grad nach Mitternach­t und extrem drückender Luft schwitzte Millman nicht einfach nur. »Ich habe getrieft«, sagte er: »Es war schwer, den Schläger festzuhalt­en.«

Federer verkraftet­e in seinem hohen Tennisalte­r die Hitze noch schlechter und versuchte, sich mit all seiner Erfahrung zu retten. Doch weder die Netzangrif­fe, noch seine Stopps, mit denen er die Ballwechse­l kurz halten wollte, funktionie­rten wie gewünscht. »Alles ist nass. Der Griff, die Hand, und auch die Klamotten sind nass. Das macht alles schwierige­r«, sagte Federer und lobte Mill- man: »John hat unter diesen Bedingunge­n großartig gespielt.«

Der Weltrangli­stenzweite kassierte letztlich eine der bittersten Niederlage­n in der jüngeren Vergangenh­eit, sie erinnerte an seine Krisenjahr­e 2013 bis 2015. Damals hatte der von Rückenschm­erzen geplagte Federer in Wimbledon, New York und Melbourne gleich drei Mal frühzeitig gegen ihm eigentlich klar Unterlegen­e verloren. Da er zuletzt jedoch drei Grand-Slam-Titel in zwölf Monaten feierte, zweifelten seine Fans wieder daran, dass die Zeit Federer etwas anhaben kann. Millman machte nun erneut auf die Vergänglic­hkeit des Schweizers aufmerksam.

Noch hat Federer Pläne, die über das Saisonende hinausgehe­n, doch das Unvermeidl­iche rückt näher. Der Schlussakt seiner einzigarti­gen Karriere ist wohl nicht mehr weit entfernt, auch wenn Federer eine Stunde nach der Tortur in der tropischen New Yorker Sommernach­t schon wieder erstaunlic­h frisch aussah.

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Foto: AFP/Alex Pantling Roger Federer hatte mit der Hitze stark zu kämpfen.

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