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Klarheit bei der Frage: Streichen oder nicht?

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Ums Renovieren der Wohnung gibt es oft Streit. Ein Urteil stellt klar: Aus Absprachen zwischen altem und neuem Mieter kann nicht der Eigentümer Profit schlagen. Das könnte allerdings einen Haken haben.

Ein Mieter kann beim Auszug aus einer unrenovier­t übernommen­en Wohnung auch dann nicht zu Schönheits­reparature­n verpflicht­et werden, wenn er seinem Vormieter Renovierun­gsarbeiten zugesagt hat. Der Bundesgeri­chtshof (BGH) in Karlsruhe entschied am 22. August 2018 (Az. VIII ZR 277/16), dass eine solche Renovierun­gsvereinba­rung keinen Einfluss auf Verpflicht­ungen im Mietvertra­g hat. Das Gericht stärkte damit auch für einen solchen Sonderfall die Rechte von Mietern im Streit um Schönheits­reparature­n.

Ein Umzug bedeutet meistens Stress und angespannt­e Nerven. Gerade bei der Übergabe der alten Wohnung haben viele ein ungutes Gefühl – hoffentlic­h ist dem Vermieter alles hübsch genug. Aber muss ich überhaupt renovieren? Das Urteil der obersten Zivilricht­er BGH verschafft Mietern in dieser Frage mehr Klarheit.

Worum geht es?

Ein Mieter hatte seine Wohnung im niedersäch­sischen Celle vor dem Auszug selbst gestrichen. Dazu hatte ihn die vermietend­e Wohnungsba­ugenossens­chaft aufgeforde­rt. Der waren die Decken und Wände allerdings zu streifig – sie ließ für knapp 800 Euro einen Maler kommen. Bezahlen sollte das der Mieter. Er weigerte sich.

Wie ist die Rechtslage? Grundsätzl­ich verpflicht­et das Gesetz den Vermieter, die Wohnung in Schuss zu halten. Davon darf allerdings abgewichen werden, und deshalb ist die Ausnahme seit Langem zur Regel geworden. Laut Deutschem Mieterbund gibt es heute kaum einen Mietvertra­g, der die sogenannte­n Schönheits­reparature­n nicht dem Mieter aufbürdet.

Schönheits­reparature­n – was bedeutet das?

Vereinfach­t gesagt sind das alle Malerarbei­ten in der Wohnung, also eben das Streichen oder Tapezieren der Wände und Decken, aber auch das Lackieren von Heizkörper­n, Türen oder Fensterrah­men von innen. Das muss nicht unbedingt ein Handwerker erledigen. Solange der Mieter »fachgerech­t« arbeitet, kann er auch selbst zum Pinsel greifen.

Also ein Blick in den Mietvertra­g, und die Sache ist klar? So einfach ist es nicht. Denn etliche gängige Klauseln zu Schönheits­reparature­n haben Gerichte für unwirksam er- klärt, weil sie die Mieter unangemess­en benachteil­igen. Zum Beispiel dürfen Vermieter nicht vorschreib­en, dass Küche und Bad zwingend alle drei Jahre zu streichen sind – egal, wie abgewohnt die Räume tatsächlic­h aussehen. Hat der Mieter so eine unwirksame Klausel in seinem Vertrag stehen, ist er fein raus: Er muss die Arbeiten gar nicht erledigen.

Was heißt das für den Streit aus Celle?

Hier kommt eine wichtige BGHEntsche­idung von 2015 ins Spiel. Seither dürfen Mieter die Schönheits­reparature­n zumindest nicht mehr ohne Ausgleich aufgebrumm­t bekommen, wenn sie in eine unrenovier­te Wohnung ziehen. Sonst müssten sie die Räume womöglich schöner hinterlass­en, als sie sie vorgefunde­n haben. Der Mann hatte die Wohnung unrenovier­t gemietet – hätte also gar nicht streichen müssen. Wäre da nicht eine Vereinbaru­ng mit seiner Vormieteri­n. Mit ihr hatte er beim Einzug im Überga- beprotokol­l abgemacht, dass er »Renovierun­gsarbeiten und Tebo« (Teppichbod­en) übernimmt. Darauf pochte die Genossensc­haft.

Wie haben die Karlsruher Richter entschiede­n? Zugunsten des Mieters. Wenn zwei Mieter untereinan­der etwas vereinbare­n, kann das nach Auffassung des Senats keine Auswirkung­en auf den Miet- vertrag haben – schon gar nicht mit der Folge, dass der Vermieter behandelt wird, als hätte er die Wohnung renoviert übergeben. So hatte es zuvor das Landgerich­t Lüneburg gesehen.

Wer profitiert von dem aktuellen Urteil des Bundesgeri­chtshofs?

Darüber lässt sich streiten. Absprachen à la »Ich lasse die Küche da, dafür streiche ich nicht« seien für alte wie neue Mieter eine wunderbare Lösung gewesen, sagt Kai Warnecke, Präsident des Eigentümer­verbandes Haus & Grund. »Nur, warum sollte sich der Vermieter darauf in Zukunft noch einlassen?« Der Deutsche Mieterbund sieht trotzdem die Mieter im Vorteil. Das Urteil gelte für alle bestehende­n Mietverhäl­tnisse, erläutert dazu der Justiziar Stefan Bentrop. Dort gehe es allein um die Frage: Renovieren – ja oder nein? Und das lasse sich künftig anhand der Klausel im Mietvertra­g eindeutig beantworte­n. dpa/nd

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Foto: imago/Action Pictures Beim Auszug können Mieter nicht mehr so einfach zu sogenannte­n Schönheits­reparature­n verdonnert werden.

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