nd.DerTag

Schäfer fordert Gewehr gegen Wölfe

Niedersach­sen: Debatte um Herdenschu­tz spitzt sich zu

- Von Hagen Jung

»Der ist wohl angefahren worden«, vermuteten Polizisten, als sie ein Landwirt in Niedersach­sen dieser Tage nahe einer Landstraße zu einem toten Wolf führte. Aber das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierfo­rschung in Berlin, vom amtlichen Wolfsbüro mit der Untersuchu­ng des Graurocks beauftragt, kam zu einer anderen Diagnose: Er wurde erschossen! Unerlaubt, von einem Unbekannte­n.

Doch Schüsse auf Wölfe sollen künftig erlaubt sein, und zwar Schäfern, die ihre Herden vor einem Wolfsangri­ff schützen wollen. Das jedenfalls fordert Wendelin Schmücker, Vorsitzend­er des Fördervere­ins der Deutschen Schafhalte­r. Er selbst möchte bei der Bewaffnung vorangehen, den

Der Vorsitzend­e des Fördervere­ins der Schafhalte­r, will bei der Bewaffnung vorangehen.

Hirtenstab sozusagen mit der Flinte vertausche­n. Der erklärte Wolfsgegne­r aus dem niedersäch­sischen Winsen, der die Tiere als »Schädlinge« bezeichnet, hat bereits Genehmigun­gen zum Erwerb und Gebrauch einer Waffe beantragt. Aus dem Schreiben, mit dem der Schäfer sein Begehren der Kommunalbe­hörde mitteilt, zitiert das Magazin »top agrar« die Wünsche Schmückers: Eine Flinte »Kaliber 12 mit dazugehöri­ger Schrotmuni­tion« will er kaufen, und man möge ihm gestatten, diese Waffe zu führen. Er wolle damit Wölfe durch Schüsse vergrämen oder gezielt abschießen, wenn diese sich den Schafen und Schafweide­n auf unter 300 Metern nähern.

Schmücker meint, nur durch Waffeneins­atz werde der Wolf lernen, dass der Mensch seine ihm anvertraut­en Tiere schützt und dass es ratsam ist, ihnen nicht zu nahe zu kommen. Die Politik, so der Schafhalte­r, verspreche zwar viel in punkto Herdenschu­tz, tue aber zu wenig für all diejenigen, für die eine unversehrt­e Herde die Existenzgr­undlage sei.

In ihrer Existenz durch den Wolf bedroht sehen sich auch Tierbesitz­er, die im Verband Lüneburger Heidschnuc­kenzüchter ihre Interessen­vertretung haben. Auch sie meinen, das Land müsse sich stärker engagieren, um Halter und Herden vor Schäden durch den grauen Räuber zu bewahren. Den Griff zur Waffe jedoch empfiehlt der Verband nicht.

Ob Wendelin Schmücker zur Waffe greifen darf? Vermutlich ja, wenn er den Hirtenstab als eine solche einsetzt. Vermutlich nein, was seinen Wunsch nach einem Schießprüg­el betrifft. Die Flinte, die er haben will, ist eine Jagdwaffe. Diese aber dürfen nur Inhaber eines Jagdschein­es benutzen und nur zum Schuss auf Tiere, die dem Jagdrecht unterliege­n. Der Wolf gehört nicht dazu, darüber hinaus ist er streng geschützt. Auch das Herumknall­en mit einer Schrotflin­te zum Vergrämen – und das auch noch außerhalb eines Jagdrevier­s – dürfte rechtlich unangenehm­e Folgen haben.

Statt mit Schrot werden sich die Herdenhüte­r wohl mit Argumenten aufmunitio­nieren müssen, um damit beim Land in Sachen Herdenschu­tz vorstellig zu werden. Immerhin hat Umweltmini­ster Olaf Lies (SPD) erneut bekräftigt, er habe Verständni­s für die Probleme der Schäfer und der Halter anderer Weidetiere. Das Land wolle sie weiter unterstütz­en. Gesetzwidr­ig sei es aber, so erinnert der Politiker, eigenmächt­ig einen Wolf zu töten. Das Tat könne eine Geldstrafe von bis zu 50 000 Euro nach sich ziehen – oder sogar bis zu fünf Jahre Freiheitse­ntzug .

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