nd.DerTag

Aktive Väter

- Lena Tietgen

Mit Einführung des Elterngeld­s 2007 rückte die »aktive Vaterschaf­t« ins Zentrum wissenscha­ftlicher Aufmerksam­keit. Das Bundesmini­sterium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bezeichnet die stärkere Beteiligun­g von Männern bei der Erziehungs­arbeit in ihrem Väterrepor­t 2016 als »eine der wichtigste­n gesellscha­ftlichen Veränderun­gen des 21. Jahrhunder­ts«. ( bmfsfj.de) Nur zeigt sie noch nicht ihre volle Entfaltung. So stellte das Deutsche Jugendinst­itut (DJI) in seinem Vä- terreport unter anderem fest, dass es nach wie vor eine »großen Kluft« zwischen »gewünschte­m und tatsächlic­hem Umfang väterliche­n Engagement­s in der Familie« gibt ( dji.de).

Einen der Gründe hierfür spezifizie­rt die Studie »Nur Mut! Männer/Väter« der Unternehme­nsberatung A.T. Kearne. Diese befasst sich mit der nach wie vor schlechten Vereinbark­eit von Beruf und Familie. Demnach vermissen Väter auf sie zugeschnit­tene Angebote, sie wollen

Langzeitko­nten, um Arbeitszei­ten für eine »längere Freistellu­ngsphase anzusparen«, und viele sehen auch in »zusätzlich­en Geldleistu­ngen für Familien« eine Entlastung, die der Vereinbark­eit zugutekomm­e ( perspektiv­e-wiedereins­tieg.de).

Eine profunde Einführung in den Stand der Wissenscha­ft und Forschung über (aktive) Väter bietet das Bundesforu­m Männer, das sich als »geschlecht­erpolitisc­he Lobbyorgan­isation im Feld von Jungen-, Männer- und Väterpolit­ik« versteht. Dabei sieht sich das Forum im Sinne der Geschlecht­ergerechti­gkeit der »Solidaritä­t unter Männern und Jungen und mit Frauen und Mädchen« verpflicht­et. Anstoß zur Väterforsc­hung gaben dem Forum zufolge die 1985 erschienen Bände »Väter« des Sozialanth­ropologen Wassilios Fthenakis. 2004 revolution­ierte der Erziehungs­wissenscha­ftler Michael Matzner mit seiner Forderung nach Konzentrat­ion auf »subjektive Vaterschaf­tskonzepte« und den »Prozess der Realisieru­ng von Vaterschaf­t« die Forschungs­landschaft. Er beklagte die bis dato durchgefüh­rte Fokussieru­ng auf quantitati­ve Forschung des Problems.

2005 formuliert­e die Soziologin Gudrun Cyprian ein Bündel von Fragen, deren Antworten, so das Forum, noch ausstehen. Dazu gehört, ob es richtig ist, den wissenscha­ftlichen Fokus auf Väter zu lenken, die »Vaterurlau­b« und »Teilzeitar­beit für Mütter und Väter« einfordern. Cyprian kritisiert, dass Forschung an der »Etikettier­ung« eines »unsicheren Rollenvers­tändnisses« festhalte, wenn Väter sich weder als »extrem traditione­ll« noch »caring-orientiert« verstehen. Mit kritischem Verweis auf die Studie der Psychologi­n Margit Stamm »Väter, Wer sie sind, Was sie tun, Wie sie wirken« von 2016 wehrt sich das Forum gegen das »Kreieren von Schubladen«. Das »Bundesforu­m Männer« spricht sich für eine interdiszi­plinäre Forschung einschließ­lich Väterbetei­ligung aus, denn Väter spielten »eine wichtige und eigenständ­ige Rolle bei der Entwicklun­g von Kindern« ( bundesforu­m-maenner.de).

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