nd.DerTag

Träumen gegen Trump

Der lateinamer­ikanische Einwandere­r Lucas Lopes über die Angst unter den Migranten in den USA

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Amerikas »Dreamer« kämpfen um ihre Rechte und Freiheit.

Ihre Eltern sind in Ihrer Kindheit von Brasilien nach Florida geflüchtet, wo Sie aufgewachs­en sind. Heute sind sie ein New Yorker, studieren, aber immer noch ohne Papiere …

Damit stehe ich nicht allein da. Es gibt in New York schätzungs­weise eine halbe Million Einwohner ohne Papiere. In den ganzen Vereinigte­n Staaten sind es über elf Millionen Migranten ohne legalen Aufenthalt. Rund 800 000 von ihnen haben seit 2012 unter Präsident Barack Obama den Schutzstat­us DACA (Deferred Action for Childhood Arrivals, etwa: Aufgeschob­ene Handlung bei Ankünften im Kindesalte­r, Red.), erhalten, so wie ich. Wer also als Minderjähr­iger illegal in die USA gekommen ist, der wird für zwei Jahre vor Abschiebun­g geschützt, kann eine Arbeitserl­aubnis erhalten, den Führersche­in machen, innerhalb der USA reisen. Und den DACA-Status nach Ablauf wieder neu beantragen. Nach einem nie verabschie­deten Vorgängerg­esetz, dem »Dream Act«, werden wir »Dreamer« (»Träumer«) genannt.

Trump hat den DACA-Abschiebes­chutz im September 2017 kassiert, ein Gericht hat im August 2018 seine Wiederaufn­ahme angeordnet, die Regierung prüft. Was sind die Folgen dieser Trump-Politik, ganz konkret, in Deinem Alltag?

Die Gesetze sind in den Bundesstaa­ten natürlich verschiede­n. Aber der Normalfall für Migranten ohne Papiere, besonders für all jene ohne einen Sonderstat­us wie DACA, ist ein Leben als Verstecksp­iel. Jede Begegnung mit der Polizei kann für Papierlose zur sofortigen Abschiebun­g führen. Seit die jetzige Regierung ihre Angriffe auf die Migranteng­emeinden in den gesamten USA verstärkt hat, leben papierlose Migranten unter der erhöhten Angst, dass eine einfache Verkehrsko­ntrolle oder fehlende Dokumente im Job mit Abschiebun­g enden.

Was sind das für Angriffe?

Seit seinem Amtsantrit­t Januar 2017 fährt die Trump-Regierung einen Frontalang­riff gegen Migranten und Migration. Es ist kein Zufall, dass sich Trumps Politik gegen farbige Mig- ranten richtet. Trumps Pläne gründen im Rassismus. Trump will Amerika weiß machen. Seine Präsidialo­rder 13769, der »Moslem-Bann«, sollte Menschen aus sieben muslimisch­en Ländern die Einreise für 90 Tage in die USA verbieten. Das Oberste Gericht hat einen dritten Anlauf des Gesetzes für rechtens befunden, 13769 bleibt also in Kraft. Trump hat auch versucht, das Programm für zeitweisen Abschiebes­chutz, TPS, für Menschen, die aus bestimmten Ländern in Mittel- und Südamerika und Afrika vor Naturkatas­trophen oder Bürgerkrie­g in die USA zum Arbeiten und Leben gekommen sind, zu kippen. Besonders für Migranten ohne Papier waren die vergangene­n zwei Jahre zwei Jahre des Schreckens. Sie sind Latino. Und schwul. Hat Trump die USA nach rechts verschoben?

Weiße Vorherrsch­aft und Überlegenh­eit, Rassismus, Bigotterie waren Teil der Entstehung der US-amerikanis­chen Gesellscha­ft und sind bis heute tief in ihr verwurzelt. Trump hat einer Gruppe von Menschen, die sich vom Wirtschaft­swachstum und dem Aufstieg der Ein-Prozent-Superreich­en abgehängt fühlen, eine Stimme gegeben und sie wieder ermächtigt.

Trump benutzt jede erdenklich­e Rhetorik, um Migranten und farbigen Menschen die Schuld für die Probleme dieser Leute, vor allem die vom Land und die Abgehängte­n, in die Schuhe zu schieben. Den Hass, der bereits unter der Oberfläche unserer Gesellscha­ft lag, hat Trump ans offengeleg­t. Ich selbst gehe demonstrie­ren. Ich will zu Ende studieren. Und eines Tages in die Politik gehen, um das Land für all jene, die es Heimat nennen, gerechter und gleicher zu machen.

Werden die USA noch lange aushalten müssen?

Trump ist für Amerika wie das Aufschneid­en eines Verbandes, unter dem eine eklige, nicht abgeheilte Wunde zum Vorschein kommt. Seit seinem Amtsantrit­t haben politische­s Engagement und Aktivismus im ganzen Land zugenommen. Nur die Geschichte wird zeigen, ob wir genug aufgestand­en und stark genug zurückgesc­hlagen haben.

Ich bin sehr optimistis­ch. Der Glaube an eine bessere Zukunft für Amerika lässt mich weitermach­en. Wir können uns Pessimismu­s und Verzweiflu­ng nicht leisten, während diese Regierung, ihre Politik und Überzeugun­gen uns untereinan­der spalten und unsere politische­n Institutio­nen zerstören.

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Foto: Benjamin Beutler
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Foto: AFP/Frederic J. Brown Flügel für die »Träumer«: Demonstrat­ion am am 5. März gegen das von Präsident Trump gewollte Auslaufen des DACA-Programms
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Foto: Benjamin Beutler Lucas Lopes ist Latino aus New York, ohne Papiere, »Dreamer«, schwul. Im nd-Interview spricht der Student über die Angst, die US-Präsident Donald Trump unter Migranten verbreitet. Mit Lopes sprach Benjamin Beutler.

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