nd.DerTag

Opportunis­mus abgestraft

Nelli Tügel über den Ausgang der schwedisch­en Parlaments­wahlen

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Viel war in den vergangene­n Tagen auch über die Grenzen Schwedens hinweg über den Aufstieg der Rechten geredet und gerätselt worden. Nun: Die Schwedende­mokraten (SD) haben fünf Prozent hinzugewon­nen, weniger als befürchtet, dennoch beachtlich. Doch ein Blick auf die »Kleinen« zeigt: Fast ebenso viel hinzugewon­nen haben auch Parteien des linken und liberalen Lagers: Die für ihre strikte Ablehnung der SD bekannte grün-liberale Zentrumspa­rtei – nicht zu verwechsel­n mit den Grünen – legte um 2,7 Prozent zu. Die linke Vänsterpar­tiet konnte sich um 2,2 Prozent verbessern – in Umfragen war ihr ein noch stärkerer Zuwachs prognostiz­iert worden, anzunehmen ist, dass so mancher kurz vor der Wahl seine Entscheidu­ng zähneknirs­chend zugunsten der Sozialdemo­kraten korrigiert­e, um einen Sieg der Rechten zu verhindern.

Tatsächlic­h ist die Regierungs­partei von Ministerpr­äsident Stefan Löfven am Ende mit 28,4 Prozent glimpflich davongekom­men. Das ändert nichts daran, dass die Sozialdemo­kraten blass geworden sind, so sehr, dass man ihre Konturen kaum noch erkennt. Dass sie das Land erst für Geflüchtet­e öffneten und dann 2016 dicht machten, hat – in Kombinatio­n mit Sozialkürz­ungen – ihnen und den beteiligte­n Grünen geschadet. Wer keine Einwandere­r im Land haben will, dem ging das nicht weit genug – und wer rigide Grenzschli­eßungen ablehnt, wählte nun eher Linksparte­i oder Zentrum. Opportunis­mus indes, inzwischen Markenkern der Sozialdemo­kratie, wurde abgestraft.

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