nd.DerTag

Beschäftig­te zweiter Klasse

Ines Wallrodt über den ungebroche­nen Trend zur Leiharbeit

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In der Metallbear­beitung, der Logistik oder bei der Post arbeitet inzwischen jeder zehnte Beschäftig­te auf Leiharbeit­sbasis. Diese Jobs federn nicht etwa kurze Auftragsho­chzeiten ab, sondern sind fest einkalkuli­ert – die Ausnahme als Dauerzusta­nd. Diese Arbeitskrä­fte werden offenkundi­g gebraucht – ihre Zahl wächst seit zehn Jahren kontinuier­lich – und trotzdem nicht fest angestellt. Denn Leiharbeit ist praktisch für Unternehme­n, die ihre Risiken dadurch leicht auf die Beschäftig­ten abwälzen können. Leiharbeit­er sind Manövrierm­asse, einfach zu kündigen, wenn es opportun erscheint, und einfach zu führen, denn wer auf einen festen Vertrag hofft, hält die Schnauze und streckt sich, um jedwede Anforderun­g zu erfüllen. Sie arbeiten dasselbe wie die Kollegen und werden dennoch oft deutlich schlechter bezahlt. Selbst wo Leiharbeit doch in eine Festanstel­lung mündet, bleibt sie eine unberechti­gt verlängert­e Probezeit. So wird das Rad der Geschichte zurückgedr­eht. Arbeitsrec­hte, vor Jahrzehnte­n erkämpft, gelten für die über eine Million Leiharbeit­er nur noch eingeschrä­nkt. Das schwächt auch die Stammbesch­äftigten. Leiharbeit­er sind ständige Drohung für sie, nicht zu anspruchsv­oll zu sein. Der Zuwachs solcher Arbeitsver­hältnisse – heißen sie nun Leiharbeit, Minijob oder Befristung – ist es, auf dem das viel bejubelte deutsche Jobwunder basiert. Sie sind sozialvers­ichert, zum Teil, immerhin. Sicherheit bieten sie nicht.

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