nd.DerTag

Keine Stellungna­hme

Bundesregi­erung schweigt zu Maaßens Bericht über Ereignisse in Chemnitz

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Verfassung­sschutzche­f Hans-Georg Maaßen hat wie gefordert einen Bericht zu den Vorfällen in Chemnitz geliefert. Über den Inhalt ist nichts zu erfahren. Ausgestand­en ist die Affäre damit nicht.

Berlin. Verfassung­sschutzche­f HansGeorg Maaßen hat der Bundesregi­erung mitgeteilt, worauf er seine von vielen Politikern kritisiert­e Einschät- zung zu den Vorfällen in Chemnitz stützt. Der Bericht des Präsidente­n des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz (BfV) sei am Montag im Bundesinne­nministeri­um eingegange­n und werde jetzt bewertet, sagte die Sprecherin des Ministeriu­ms, Eleonore Petermann. Regierungs­sprecher Steffen Seibert bestätigte, der Bericht sei »auch an das Kanzleramt weitergele­itet worden«. Zu Inhalten wurde zunächst nichts bekannt, als erstes sollten die zuständige­n parlamenta­rischen Gremien informiert werden.

Maaßen hatte der »Bild«-Zeitung vergangene Woche gesagt, es lägen seinem Amt keine belastbare­n Informatio­nen darüber vor, dass in Chemnitz »Hetzjagden« auf Ausländer stattgefun­den hätten. Damit widersprac­h der Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Regierungs­sprecher Seibert. Maaßen sagte in dem Interview weiter, es lägen auch keine Belege dafür vor, dass ein im Internet kursierend­es Video zu den Vorfällen authentisc­h sei.

Seehofer hatte am Sonntagabe­nd gesagt, der Geheimdien­stchef habe ihn selbst und das Ministeriu­m über seine Zweifel an dem Video vorab informiert. Auch über Maaßens Pläne, an die Öffentlich­keit gehen zu wollen, sei das Ministeriu­m informiert gewesen. Auf welche Tatsachen Maaßen seine Einschätzu­ng stützte, wollen Seehofer und sein Ministeriu­m vergangene Woche aber nicht gewusst haben.

Ohne klare Belege für seine Aussagen zu den Vorkommnis­sen in Chemnitz hält die SPD-Spitze eine Ablösung von Maaßen für unausweich­lich. »Sollte er dazu nicht in der Lage sein, dann ist er in seinem Amt nicht länger tragbar«, sagte die Parteivors­itzende Andrea Nahles am Montag nach einer Sitzung des Prä- sidiums. Nahles betonte, die SPD erwarte auch eine klare Stellungna­hme zu seinen Beweggründ­en, warum er der Bundeskanz­lerin öffentlich widersprec­he. Maaßen stünde es neben einer geplanten Aussage im geheim tagenden Parlamenta­rischen Kontrollgr­emium gut zu Gesicht, sich öffentlich zu äußern. »Er hat ja auch öffentlich spekuliert, dann kann man auch erwarten, dass er es öffentlich klarstellt.«

Die Grünen hielten dagegen ihre Forderung aufrecht, dass Maaßen unverzügli­ch entlassen werden müsse – andernfall­s müsse Seehofer selbst entlassen werden. Maaßen sei »im Moment derjenige, der in persona dazu führt, dass das Vertrauen der Bevölkerun­g in der Bundesamt für Verfassung­sschutz sinkt«, sagte Parteichef Robert Habeck. Taktische Überlegung­en etwa vor der Landtagswa­hl in Bayern dürften nicht dazu führen, dass die Bevölkerun­g das Vertrauen in den Verfassung­sschutz verliere, erklärte Habeck. Die gesamte Bundesregi­erung sei gehalten, das nicht einreißen zu lassen – unabhängig davon, ob Maaßen seine umstritten­e Sichtweise auf die ausländerf­eindlichen Übergriffe in Chemnitz belegen könne oder nicht.

Mit personelle­n Konsequent­en ist es aus Sicht der Grünen aber nicht getan: Eine strukturel­le Krise des Verfassung­sschutzes lasse sich nur strukturel­l lösen, sagte Habeck. Die Partei und die Bundestags­fraktion der Grünen fordern daher erneut einen »Neustart« für die Behörde. Sie solle aufgeglied­ert werden in ein Institut zum Schutz der Verfassung, das die meisten Kompetenze­n des jetzigen Bundesamts haben solle, und ein Bundesamt für Gefahrener­kennung und Spionageab­wehr, das dem Innenminis­terium angegliede­rt wäre.

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