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Ab März elektrisch in Serie

Die Hauptstadt will vorne sein bei der Umstellung auf Elektrobus­se

- Von Nicolas Šustr

Bis 2030 müssen laut Mobilitäts­gesetz die Berliner Verkehrsbe­triebe zu 100 Prozent emissionsf­rei fahren. In China ließen sich Senatorin Günther und BVG-Chefin Nikutta dafür inspiriere­n. Am 1. März 2019 soll es soweit sein, dann sollen die ersten der in Serie bestellten Elektrobus­se der Berliner Verkehrsbe­triebe (BVG) auf dem Betriebsho­f Indira-Gandhi-Straße in Hohenschön­hausen eintreffen. Je 15 Stadtbusse mit zwölf Metern Länge sollen die Hersteller Mercedes und Solaris liefern. Auf dem Betriebsho­f wird bereits an der nötigen Stromverso­rgung für die nächtliche Aufladung gearbeitet. Auf welchen Linien sie fahren sollen, wird gerade geklärt. Mit einem Aktionsrad­ius von 150 Kilometern pro Ladung ist allerdings klar, dass es nicht die allerlängs­ten Linien sein werden. Zum Vergleich: BVG-Dieselbuss­e legen täglich bis zu 500 Kilometer zurück.

Ende Juli waren Verkehrs- und Umweltsena­torin Regine Günther (parteilos, für Grüne) und BVG-Chefin Sigrid Evelyn Nikutta auf Dienstreis­e in China, um den dortigen Stand der Elektrifiz­ierung der Busse zu studieren. »Dort wird mit einer unglaublic­hen Zielstrebi­gkeit und Kompetenz vorgegange­n und außerdem sehr viel Geld in die Hand genommen«, sagt die Senatorin bei einem Pressegesp­räch am Montagmorg­en. In acht Jahren hat die direkt an Hongkong angrenzend­e Elf-Millionen-Einwohner-Stadt eine Flotte von über 16 000 E-Bussen aufgebaut, der Löwenantei­l vom dortigen Hersteller BYD, was für Build your dreams – baue deine Träume – steht.

»Dieses Beispiel hat uns enorm ermutigt, weil es zeigt: Die vollständi­ge Umstellung geht«, sagt BVGChefin Nikutta. Außerdem habe man auch einen elektrisch­en dreiachsi- gen Doppeldeck­er von vergleichb­arer Dimension wie die Berliner Modelle gesehen. Im Entwurf des Nahverkehr­splans für die Jahre ab 2019 steht noch, dass so etwas wegen Schwere und Größe der Fahrzeuge derzeit nicht möglich sei. »Es gibt

»Die vollständi­ge Umstellung geht.« Sigrid Evelyn Nikutta, BVG-Chefin

viele Gerüchte und Halbwissen in Europa über China«, erklärt Nikutta.

Eine Erkenntnis: Mit nur einer Ladetechni­k wird man die Umstellung nicht schaffen. Die demnächst zu bestellend­en 15 Gelenkbuss­e tanken nicht im Depot Strom, sondern werden auch an Endstellen zwischenge­laden. Gelegenhei­tsladung heißt diese Technik. Nach derzeitige­m Stand sollen sie auf der eigentlich für Doppeldeck­er vorgesehen­en Linie 200 zwischen dem Bahnhof Zoo, Alex und der Michelange­lostraße fahren.

BVG, Senat und der Bund verhandeln derzeit über ein Pilotproje­kt zum sogenannte­n In-Motion-Charging. Das Aufladen während der Fahrt soll über eine Oberleitun­g geschehen – wie bei Obussen, die einst auch in der Hauptstadt verkehrten. Allerdings muss nur etwa die Hälfte der Strecke überspannt sein, auch teure Oberleitun­gsweichen können entfallen. Die BVG-Chefin ist jedoch skeptisch: »Es ist schon eine große Diskussion, Oberleitun­gen in die Stadt zu kriegen.«

Eines ist jedoch klar: Der E-Betrieb wird zunächst deutlich mehr Geld kosten. »Ein Dieselbus wird voraussich­tlich durch 0,8 Elektrobus­se ersetzt«, so Nikutta. Für das gleiche Angebot würde die BVG fast 1900 Busse benötigen. Derzeit hat sie rund 1500 Stück.

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